Es ist gerade mal ein paar Wochen her, da tobte in Deutschland ein heftiger Streit darüber, ob der Staat mehr Schulden machen sollte. Die Corona-Krise hat die Debatte in kürzester Zeit beendet. Niemand zweifelt daran, dass die Bunderegierung jetzt erst mal ohne Rücksicht auf die Schuldenquote viel Geld bereitstellen muss. Gleichzeitig werden viele froh darüber sein, dass die Bundesregierung so lange die schwarze Null gehalten hat. Jetzt kann sie klotzen. Bei aller Kritik im Detail: Im Wesentlichen hat Deutschlands Finanzpolitik in den vergangenen Jahren so funktioniert, wie John Maynard Keynes es einst gefordert hat – in den guten Zeiten sparen, in den schlechten Zeiten Geld ausgeben.

Die Stärke des Kapitalismus ist nicht, Vorräte anzulegen. Er schafft etwas ganz anderes: aus knappen Mitteln das meiste herauszuholen – und schnell auf neue Bedingungen zu reagieren. Das belegen gerade in diesen Tagen wieder viele Nachrichten. Es fehlt an Mundschutz? Eine Matratzenfabrik in Thüringen stellt ihre Produktion um. Die Krankenhäuser brauchen mehr Desinfektionsmittel? Schon verhandelt die Chemieindustrie mit der Regierung darüber, dass zusätzliche Unternehmen aushelfen dürfen. Im Supermarkt ist das Nudelregal leer? Keine Sorge, im Kapitalismus ist es zwei oder drei Tage später wieder voll, nämlich sobald der nächste Lastwagen kommt. Rewe hat am Montag nach Beginn der Hamsterkäufe Nudeln sogar im Sonderangebot verkauft (faz.net). Dauerhafte Versorgungsengpässe sind nicht in Sicht – nicht mal in Italien, wo das neuartige Coronavirus sich schon viel weiter verbreitet hat als hier.

Die Impfstoff-Firma CureVac steht im Mittelpunkt eines Streites zwischen den USA und Deutschland. Offenbar bietet Donald Trump dem Tübinger Unternehmen, das an einem Impfstoff gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 arbeitet, einen hohen Betrag, um sich deren Arbeit exklusiv zu sichern. Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte einen entsprechenden Bericht der „Welt am Sonntag“.

Die Sorgen um die ökonomischen Folgen der Coronavirus-Epidemie wachsen. Die Börsen weltweit reagierten zunächst am Montag (09.03.2020) mit großen Verlusten, Händler sprachen von einem „Schwarzen Montag“. Der deutsche Leitindex Dax sackte um fast acht Prozent ab. Das ist der stärkste Verlust binnen eines Tages seit den Terroranschlägen auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Washington im September 2001. An der New Yorker Wall Street wurde der Aktienhandel zu Handelsbeginn wegen abstürzender Kurse für 15 Minuten ausgesetzt – ein automatischer Mechanismus, sobald der Index S&P 500 der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen um sieben Prozent abstürzt. Der Kurssturz setzte sich am Donnerstag (12.03.2020) fort (deutschlandfunk.de). An der Frankfurter Börse fiel der Deutsche Aktienindex zeitweise um mehr als zehn Prozent. Deutliche Verluste gab es auch beim Gold und Öl. An der Wall Street wurde der Aktienhandel zu Handelsbeginn auch wieder ausgesetzt.

Die Corona-Epidemie ist komplex. Durch die Ausbreitung und Produktionsstopps zunächst in China, sind globale Lieferketten gerissen. Wir hätten aben es mit einer Art Blitzkrise zu tun, bei der sich die Konjunkturerwartungen schlagartig eingetrübten, sagt der Chefvolkswirt der Deka Bank, Ulrich Kater (zdf.de). In dieser Krise greifen die bisherigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen nicht – oder nur begrenzt. Denn durch wochenlange Produktionsstillegungen – vor allem in China – fehlen auch andernorts auf der Welt Teile für die Produktion.

Die Corona-Pandemie hat durch die Zerstörung von Lieferketten gravierenden Einfluss auf die Weltwirtschaft. Das genaue Szenario ist noch nicht abzuschätzen, aber eine globale Rezession wird immer wahrscheinlicher. Der IWF und die US Federal Reserve Bank haben bereits reagiert. Die G7 will die Entwicklung genau beobachten. Das reicht aber nicht aus (dgap.org). Ein abgestimmtes Stimulierungspaket der G7 ist notwendig, um die bestehende Unsicherheit auf den Märkten zu beruhigen.

 

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