Die Spitzen der deutschen Politik werden am 8. Mai bei einem Staatsakt des 75. Jahrestags des Kriegsendes und der Befreiung vom Nationalsozialismus 1945 gedenken. Dies habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Abstimmung mit Kanzlerin Angela Merkel angeordnet, sagte eine Sprecherin des Bundespräsidenten in Berlin.
Am 8. Mai 1945 endete mit der Kapitulation des Deutschen Reichs der Zweite Weltkrieg auf europäischem Boden. Der Tag des Kriegsendes solle zu einem bundesweiten Feiertag erklärt werden, fordert die Holocaust-Überlebende und Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in Deutschland Esther Bejarano. Das schreibt sie in einem offenen Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Kanzlerin Angela Merkel und Mitglieder des Bundestages.
Ein solcher Schritt sei seit sieben Jahrzehnten überfällig, argumentiert Bejarano. Er könne helfen zu begreifen, „dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes. Wie viele andere aus den Konzentrationslagern wurde auch ich auf den Todesmarsch getrieben. Erst Anfang Mai wurden wir von amerikanischen und russischen Soldaten befreit. Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, „über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit“ (deutschlandfunkkultur.de).
Der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar reicht nach Ansicht Bejaranos nicht aus. Die Rote Armee hatte am 27. Januar 1945 das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit. „Vor der Befreiung mussten wir alle auf Todesmärschen in andere Konzentrationslager gehen, um dort Zwangsarbeit für große Konzerne zu machen, wie zum Beispiel für Siemens. Wir sind erst Anfang Mai befreit worden“, (swr.de) so Bejarano.
Neben dem 8. Mai werden auch immer wieder andere Jahrestage als Feiertage ins Gespräch gebracht. Vorgeschlagen wurden dafür etwa der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar oder das Datum der Ausrufung der Weimarer Republik, der Pogromnacht 1938 und des Mauerfalls – der 9. November.
Friedrich Wilhelm Graf (protestantischer Theologe) hat vor kurzer Zeit noch einen anderen Vorschlag für einen neuen Feiertag geäußert: Nach dem antisemitischen Anschlag von Halle hatte er an die beiden großen christlichen Kirchen appelliert, auf einen Feiertag zu verzichten, etwa den Pfingstmontag, um mit Jom Kippur auch einen jüdischen Feiertag in die symbolisch-religiöse Zeitordnung des Landes aufzunehmen.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte, der 8. Mai sei ein „zentraler Tag in der europäischen Geschichte“ und solle daher „am besten europaweit“ als Feiertag begangen werden. In einigen Ländern wie Frankreich und Tschechien ist dies bereits der Fall (br.de).
Entscheidend sei für sie aber die Frage, wie das Gedenken wach gehalten werden kann, wenn die Zeitzeugen nicht mehr da sind. Dafür brauche es nicht unbedingt einen neuen Feiertag, so Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz (sueddeutsche.de).
Ein neuer Feiertag kostet Geld. Wir haben einst auf den Buß- und Bettag – zumindest in den meisten Bundesländern – verzichtet, um die Pflegeversicherung zu finanzieren. Welcher Feiertag soll für den 8. Mai dann fallen? Tatsächlich der Pfingstmontag?
Die Debatte über den 8. Mai als möglichen bundesweit gesetzlichen Feiertag ist sinnvoll, aber bis dato zu unausgegoren. Unabhängig von der Finanzierung müssten sich Industrie und Wirtschaft neu organisieren. Wir wirtschaften global, der klassische 8-Stunden-Tag ist längst Geschichte. Die Bänder laufen rund um die Uhr …
In den am Zweiten Weltkrieg beteiligten Ländern Frankreich, Tschechien (vgl. oben) und der Slowakei ist der 8. Mai fest als Feiertag verankert. Allerdings schaffte Valéry Giscard d’Estaing in Frankreich die Feiern zum Tag der Befreiung 1974/75 ab. Hieraufhin gab es von unterschiedlichen Seiten heftige Proteste, weswegen François Mitterrand nach seiner Amtsübernahme 1981 diesen Feiertag wieder einführte (morgenpost.de).
In Italien wird der Tag der Befreiung Italiens am 25. April begangen.
In der Sowjetunion wurde am 9. Mai der Tag des Sieges als gesetzlicher Feiertag begangen, da die Kapitulation gegenüber der Roten Armee erst nach Mitternacht MEZ erfolgte und zudem der Waffenstillstand nach Moskauer Ortszeit erst am 9. Mai in Kraft trat. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der 9. Mai – als Tag des Sieges – in einigen ihrer Nachfolgestaaten als gesetzlicher Feiertag beibehalten.
Es ist Tatsache eine schwierige Entscheidung …