Sie ist schon länger weg als sie geständen hat. Die Jüngeren unter uns kennen Sie nur aus den Geschichtsbüchern: Die Mauer in Berlin!

In Vorbereitung des Jubiläums im Radio hörte ich vor einigen Tagen folgenden Slapstick aus der damaligen Zeit. Der Reporter berichtete von einem jungen Mann, der am 9. November 1989 erleichtert geseufzt haben soll; auf diesen Augenblick warte er seit 28 Jahren. Auf die Frage, wie alt er denn sei, habe er geantwortet: siebenundzwanzig!

Am 9. November haben die Menschen deutschlandweit des Mauerfalls vor 30 Jahren gedacht. Berlin stand im Zeichen mehrerer Veranstaltungen, bei denen sowohl Freude über das historische Ereignis zum Ausdruck kam als auch mahnende Worte fielen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier appellierte vor Zehntausenden Menschen am Brandenburger Tor, seit 1989 neu entstandene Mauern in der Gesellschaft wieder einzureißen. „Die große Mauer, dieses unmenschliche Bauwerk, das so viele Opfer gefordert hat, steht nicht mehr. Diese Mauer ist weg, ein für alle Mal“, sagte er (tagesschau.de). Ja, die Mauer in den Köpfen existiert nach wie vor, man spricht noch „Ost“ und „West“. Erst in der Generation 35 und jünger fährt man „von Hessen nach Brandenburg“.

Die Bernauer Straße gilt als Symbol der deutschen Teilung. Als die Mauer 1961 hochgezogen wurde, lag die Häuserfront der Straße im Osten, der Bürgersteig im Westen. 1985 sprengte das DDR-Regime die evangelische Versöhnungskirche, die sich im Todesstreifen befand. An derselben Stelle wurde die Kapelle der Versöhnung aufgebaut und im Jahr 2000 eingeweiht.

Mit dem 9. November 1989 ging die deutsche Teilung nach rund 40 Jahren zu Ende, die Berliner Mauer selbst hatte mehr als 28 Jahre Bestand. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen starben an der etwa 160 Kilometer langen Mauer in der Hauptstadt mindestens 140 Menschen durch das DDR-Grenzregime.

„Nach meiner Kenntnis ist das … sofort, unverzüglich“ – mit diesen Worten zur neuen DDR-Reiseregelung läutet Politbüro-Sprecher Günther Schabowski am 9. November 1989 um 18.53 Uhr unfreiwillig das Ende der deutschen Teilung ein.

Die Reiseregelung soll sowohl ständige Ausreisen als auch private Urlaubsreisen von DDR-Bürgern in den Westen ermöglichen – nach Antrag bei der Behörde und erst ab dem 10. November. Doch Schabowski ist unvorbereitet, verhaspelt sich, erklärt die Grenze für geöffnet, „ab sofort!“. Eine Nachricht, die sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Kurz darauf versammeln sich bereits Tausende DDR-Bürger an den Berliner Grenzübergängen. Die überraschten Grenzer, die keine klaren Anweisungen haben, wie sie sich verhalten sollen, geben dem Druck der Massen schließlich nach und öffnen die Tore. Die Menschen stürmen in den Westen, Ost- und Westdeutsche liegen sich in den Armen, singen und feiern gemeinsam. Mauer und innerdeutsche Grenze sind gefallen.

Die Wirtschaftskraft Ostdeutschlands hat sich in den dreißig Jahren seit dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 jener Westdeutschlands stark angenähert. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf ist laut einem Bericht des Sachverständigenrats zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“) in Ostdeutschland seit 1991 um 102% (nzz.ch) und damit mehr als doppelt so stark gewachsen als in Deutschland insgesamt. Allerdings holte der Osten vor allem in der ersten Hälfte der 1990er Jahre rasch auf, als massiv in die vernachlässigte Infrastruktur investiert wurde. Seither verläuft der Aufholprozess viel langsamer.

Allerdings hat dieser Erfolg eine problematische Kehrseite: Zum Teil ist er darauf zurückzuführen, dass seit 1990 netto über 1,2 Mio. Menschen die neuen Länder verlassen haben. Inzwischen leben dort noch 12,6 Mio. Einwohner oder 15% der deutschen Gesamtbevölkerung, wobei sich die Zahl in den letzten drei Jahren immerhin stabilisiert hat. Weitere 3,6 Mio. Menschen zählt Berlin, das heute mehr Einwohner hat als 1990. Während Westdeutschland und dort insbesondere die süddeutschen Regionen wirtschaftlich von der Zuwanderung junger, gut ausgebildeter Ostdeutscher profitiert haben, führte im Osten die Nettoabwanderung in Kombination mit einem Geburtenknick zu einer Überalterung und neuerdings zu einem Fachkräftemangel. Beides hemmt die wirtschaftliche Entwicklung, zudem schwächt der demografische Wandel die Finanzkraft der neuen Länder. Zuwanderung könnte das Problem entschärfen, doch damit tut man sich bis jetzt schwer.

Wir haben viel erreicht – und doch gibt es noch viel zu tun!

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