Zum ersten Mal ist zwei Monate nach Ausbruch der Antiregierungsproteste in Hongkong ein großer Streik geplant. Tausende Hongkonger wollen am Montag ihre Arbeit niederlegen. Es waren vor allem städtische Angestellte, die sich aus Protest gegen den Kurs der Regierung versammelt hatten. Frauen und Männer also, deren oberste Chefin genau diejenige ist, gegen die sich die Massenproteste der vergangenen Wochen richten: Carrie Lam. Die Aktion soll die „starke Unzufriedenheit der Hongkonger Bürger mit der politischen Ungerechtigkeit auszudrücken“, hieß es in einer Mitteilung eines Aktivistenbündnisses, das zu der Aktion aufgerufen hatte.

Ausgangspunkt der Proteste in Hongkong war ein umstrittener Gesetzentwurf, inzwischen richtet sich der Unmut der Menschen vor allem gegen die Polizeigewalt bei den Protesten. Gestern waren Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Tausende Demonstranten bereiten sich heute auf zwei weitere Protestmärsche am Nachmittag vor.

Wie viel Demokratie man Hongkong gestatten will, ist in der Zentralregierung seit Langem umstritten. Doch niemand in Peking will die politische Kontrolle über Hongkong verlieren. Die parteiinterne Presse lässt sogar eine noch sehr viel härtere Linie hervortreten. Was nicht bedeutet, dass Peking plant, das Militär zur Wiederherstellung der Ordnung zu entsenden. Parteichef Xi Jinping wird sich wohl weiter auf die Hongkonger Polizei und die Hongkonger Regierung stützen.

Parolen und Politik von Xi unterscheiden sich nicht: kein Blutvergießen, keine Konzessionen! Das ist ein schmaler Grad für die Zentralregierung. Sie hat die Lehre vom Tiananmen gezogen, dass sie einen Einsatz der Armee mit allen Mitteln verhindern will, daher der zunehmend „orwellsche Charakter“ (SPON) der chinesischen Gesellschaft. Doch Hongkong bleibt eine offene, kosmopolitische Gesellschaft. Gegen sie wird man nicht die brutale Gewalt der Kalaschnikows anwenden. Umso öfter sieht man aber jetzt die bewaffnete Hongkonger Polizei, die übrigens von der Volksarmee abhängt, mit Tränengas, Wasserwerfern und Bulldozern im Einsatz.

In der Finanzmetropole gibt es seit fast zwei Monaten immer wieder Märsche und Kundgebungen mit Hunderttausenden Teilnehmern. Auslöser war ein umstrittener Gesetzentwurf zur Auslieferung mutmaßlicher Krimineller an China. Später weiteten sich die Proteste zu einer Bewegung gegen die pro-chinesische Regierung und die Polizei aus. Immer wieder kam es bei den Demonstrationen zu schweren Zusammenstößen zwischen Teilnehmern und der Polizei.

Die Massenproteste erreichen trotz der Warnungen inzwischen weite Teile der Bevölkerung – Menschen aus allen Bevölkerungsschichten und jeden Alters. Die von der chinesischen Staats- und Parteiführung eingesetzte Regierungschefin der Sonderverwaltungszone Carrie Lam lehnt bisher jegliche Zugeständnisse ab. Die Staatsführung in Peking bezeichnet die Proteste in Hongkong als „gesellschaftliche Unruhen“, sie spricht von Chaos und Krawallen.

Hongkongs Regierungschefin Lam hat das umstrittene Gesetz mittlerweile für „tot“ erklärt. Seitdem hat sich der Protest zu einer breiteren Bewegung gegen die Regierung und die Polizei entwickelt, der ein zu hartes Vorgehen gegen die Demonstranten vorgeworfen wird. Viele Menschen befürchten einen zunehmenden Einfluss der Zentralregierung in Peking und fordern demokratische Reformen.

Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ (wikipedia.org) als eigenes Territorium autonom regiert. Anders als die Menschen in der Volksrepublik genießen die Hongkonger das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit.

Manche vermuten dahinter ein verstecktes Motiv: Das sei, Hongkong in große Unruhen zu stürzen. Wenn sich Hongkong in einem chaotischen Zustand befände, könnten die USA China verunsichern, während Taiwaner, die für die Unabhängigkeit seien, sagten,, dass das Konzept „ein Land, zwei Systeme“ sei für Taiwan nicht anwendbar, weil dies in Hongkong zum Misserfolg führe (german.china.org.cn). Aufgrund des raschen Aufstiegs Chinas sehen die USA China immer als große Bedrohung an. Wenn in Hongkong Unruhen herrschten, verlöre die Stadt ihre Funktion, zur Entwicklung des Landes beizutragen, der Handelsstreit sei somit eine der Taktiken der USA, das Land zu verunsichern. Darüber hinaus könnten die USA und andere westliche Mächte China dafür kritisieren, dass das Land nicht genug dafür tue, die Umsetzung des Konzepts „ein Land, zwei Systeme“ über 50 Jahre hinweg unverändert aufrechtzuerhalten.

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