Wenn Frau so durch die Regale eines Drogeriemarkts streift und verschiedene Produkte wie Parfums, Rasierklingen oder Rasierschaum kaufen möchte, zahlt sie mehr. Und zwar nur dafür, dass die Frauen-Rasierklingen rosa sind statt blau. Das Design ist nämlich der einzige Unterschied zwischen den „weiblichen“ und „männlichen“ Produkten, die Qualität ist dieselbe – wenn nicht schlechter – die Herstellungskosten gleich. Die Produkte sind, bis auf ihre äußerliche Aufmachung, oft sogar identisch. That’s not fair! Gesellschaftlich bedingt brauchen Frauen mehr Beauty-Produkte als Männer, das ist eine Art Naturgesetz.
Da Frauen laut Studien weniger preissensibel sind und bereit, mehr Geld für ihr Äußeres auszugeben als Männer, werden ihnen manche Pflegeprodukte teurer verkauft. In vielen Produktgruppen gibt es zahlreiche preisgleiche Varianten, bei denen weder Frauen noch Männer benachteiligt werden. Aber vor allem für Rasierprodukte und Parfüms müssen Frauen oft erheblich mehr zahlen. Das spiegeln auch die Ergebnisse von Marktchecks zu Frauen- und Männerprodukten wider. Die Höhe der geschlechtsspezifischen Preisunterschiede ist in vielen Fällen nicht zu rechtfertigen – selbst dann nicht, wenn die Inhaltsstoffe variieren, denn sie machen oft nur einen Bruchteil der Herstellungskosten aus.
„Gender Pricing“ und „Pink Tax“ sind die beiden Reizworte für das Phänomen: Frauen zahlen für manche Produkte und Dienstleistungen mehr als Männer – obwohl die Inhalte nahezu identisch sind.
Einem Marktcheck der Verbraucherzentrale Hamburg zufolge unterscheiden sich die Preise für etliche Rasierer nebst Schaum sowie für manche Parfüms nach wie vor deutlich – je nachdem, ob sich die Produkte an Männer oder an Frauen richten. Die Aufschläge betragen zum Teil mehr als 100 Prozent. Die Marktstichprobe wurde zum vierten Mal durchgeführt. „Die Preisdifferenz hat sich wenig verändert“, bilanziert Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg (t-online.de 08.03.2019). So erklären Firmen die Preisdifferenzen:
Hersteller und Verkaufsstätten sehen in der unterschiedlichen Preisgestaltung keine Benachteiligung. Sie erklären die unterschiedlichen Verkaufspreise mit Stückzahl, verwendeten Inhaltsstoffen, Zusammensetzung der Rezeptur sowie den Lieferanten, von denen die Produkte bezogen werden.
Rasiergel und die Einwegrasierer etwa, bei denen eine „Pink Tax“ vermutet wird, ähnelten sich zwar auf den ersten Blick, sie seien aber nicht grundsätzlich miteinander gleichzusetzen.
Die Produkte enthielten unter anderem eine höhere Menge pflegender Stoffe, was auf die Preisfindung Einfluss habe. Auch die Verkaufsmenge spiele einer Pressesprecherin eines Drogeriemarkts zufolge bei den Rasierklingen eine Rolle für den Preisunterschied, genauso wie die unterschiedliche Verpackung (t-online.de a.a.O.). Die Männervariante werde in einem 10er-Pack verkauft, die Damenrasierer gibt es hingegen im 5er-Pack zu kaufen.
Verbraucherschützer lassen das jedoch nicht gelten. Der Preis für Inhaltsstoffe spiele nur eine marginale Rolle. Zudem habe die Verbraucherzentrale die angeblich unterschiedlichen Pflegestoffe bei vielen Produkten nicht gefunden. Es seien oft die gleichen Produkte, nur in einer anderen Verpackung. Das Wort „Diskriminierung“ steht hier im Raum. Und zum Argument, dass zum Beispiel Rasierschaum bei Männern mehr Abverkäufe hat und dadurch günstiger angeboten werden kann? Unternehmerisch wäre hier eine Mischkalkulation zu erwarten.
Was also tun, lautet die Frage. Ein Spezialgesetz gegen geschlechtsspezifischer Preisunterschiede wäre eine Lösung, gibt es aber nicht. Lediglich in den US-Bundesstaaten New York und Kalifornien existiert ein solches Verbot, wenn auch nur für Dienstleistungen. Auf EU-Ebene schlicht Fehlanzeige, die einzige politische Maßnahme ist die Sensibilisierung der Konsumentinnen für den Kauf von männlichen Produkten.
Ein anderer Ansatz lautet wie folgt:
Preise aufgrund einer (vermeintlich) geschlechtsbedingt höheren „Preisbereitschaft“ anzuheben verstößt nach Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Diskriminierung unter anderem wegen des Geschlechts verbietet (welt.de 20.12.2017).