Wieder einmal wird deutlich, wie große der Abstand zwischen EU und Bürgern ist. Und ist wurde deutlich, wie alte Bürokraten und die junge Generation der Internetnutzer in zwei verschiedenen Welten leben.
Seiten mit leeren Suchergebnissen auf Google, die „YouTube wird gelöscht“-Panik, „Artikel 13“ und der „Merkelfilter“ oder „Upload-Filter“: Die geplante Urheberrechtsreform der EU ging eine verschärfte Debatte voraus. Doch was ist der „Artikel 13“ überhaupt und was soll dieser regeln?
Bei der neuen Regelung der Europäischen Union (EU) geht es um das geitige Eigentum und das Urheberrecht. Beides soll besser geschützt werden. Deshalb wird die Regelung auch Urheberrechtsreform genannt. Am gestrigen Dienstag fiel die Entscheidung, ob diese gültig werden soll. Politikerinnen und Politiker stimmten im Europäischen Parlament dafür. Kritikerinnen und Kritiker befürchten, dass sich das Internet dadurch sehr verändern könnte.
Nach Ansicht von Kritikern führt Artikel 13 zwangsläufig zum Einsatz sogenannter Uploadfilter, denn anders könnten Plattformen die Inhalte gar nicht auf Verstöße überprüfen. Sie befürchten, dass diese Filter auch legale Inhalte wie Parodien oder Zitate blockieren – und so die freie Meinungsäußerung einschränken. „Algorithmen können nicht unterscheiden zwischen Urheberrechtsverletzungen und der legalen Weiterverwendung wie zu Parodiezwecken“, sagt etwa Piraten-Politikerin Julia Reda (welt.de). Dieser Meinung hatten sich zuletzt Politiker aus fast allen Parteien angeschlossen.
Auch Google – und damit Youtube – hatte gegen die Reform mobil gemacht. Artikel 13 könne „unbeabsichtigte Folgen haben, die Europas Kreativ- und Digitalwirtschaft schaden könnten“, schrieb Youtube am Dienstag (twitter.com).
Gegner des Leistungsschutzrechts sehen insbesondere für kleine Verlage Nachteile. Diese seien darauf angewiesen, von Suchmaschinen gelistet zu werden und hätten eine schwache Verhandlungsposition gegenüber Google & Co. Zudem verweisen sie auf Deutschland: Hier gibt es schon seit 2013 ein Leistungsschutzrecht – doch es führt nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage. Außerdem wäre die Medienvielfalt im Netz nach Ansicht der Kritiker eingeschränkt.
Die großen deutschen Verlegerverbände begrüßten das Ergebnis. „Die Zustimmung zur Reform ist ein Ja zur digitalen Zukunft von Kultur und Medien und zu einer lebendigen und vielfältigen Kreativlandschaft in Europa“, teilten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger mit.
Artikel 13 der neuen Copyright-Richtlinie nimmt alle kommerziellen Onlineplattformen (sogenannte „Online Content Sharing Service Provider“) in die Pflicht, die im Jahr mehr als zehn Millionen Euro Umsatz machen, mehr als fünf Millionen Besucher im Monat haben und schon länger als drei Jahre existieren – also Plattformen wie YouTube, Facebook und Google.
Momentan verdienen solche Plattformen viel Geld damit, dass sie Material zugänglich machen, das eigentlich urheberrechtlich geschützt ist: zum Beispiel Musik, Fotos und Texte. Die Urheber – der Fotograf, Musiker oder Journalist – sehen von dem Geld meistens nichts.
Die gigantischen Netzkonzerne sollen nun also Geld dafür zahlen, dass sie Inhalte von anderen verbreiten dürfen. Das Geld soll dann auf die Urheber umverteilt werden und somit auf dem Konto der Fotografen, Maler oder Musikern landen. Wie sichergestellt werden soll, dass das Geld nicht bei den großen Plattenfirmen und großen Verlagen hängenbleibt, ist noch offen.
Uploadfilter sind, soweit überhaupt schon verfügbar, unausgereift und fehleranfällig. Ob rechtswidrige Verbreitung eines geschützten Werks oder zulässiges Zitat, erlaubte Satire oder eigener künstlerischer Beitrag – das können die Algorithmen nicht unterscheiden. „Zensur“ fürchten daher die Gegner der Filter. Außerdem greife die Vorabfilterung in die Privatsphäre der Nutzer ein und beschränke das Grundrecht auf Meinungsfreiheit.
Aber von Filtern stehe nichts in der Richtlinie, halten die Befürworter von Artikel 13 – jetzt Artikel 17 – dagegen. Die angestrebte Lizenzierung käme finanziell den Urhebern zugute. Sie würden endlich angemessener an den Einnahmen der Plattformen beteiligt. Und Nutzer seien künftig vor Abmahnungen geschützt. Auf den Vorwurf, man zerstöre die lebendige Netzkultur, entgegnen sie, dass Memes, Blogs, Start-Ups und nicht-kommerzielle Webseiten ausdrücklich ausgenommen seien.