„Friede, Freiheit, Frauen!“ – so überschrieb die Freie Volkszeitung im Dezember 1918 einen Artikel von Anna Blos. Die Frauenrechtlerin sah „die Morgenröte der Freiheit über den Frauen leuchten“. Denn die Revolution, die das Blutvergießen des Ersten Weltkrieges beendete, die die „Gesellschaft umwälzte wie nie zuvor in der deutschen Geschichte“, brachte den Frauen endlich das Wahlrecht. Die Freude bei den Frauen, die sich für ihre Gleichstellung eingesetzt hatten, war riesengroß.
Die SPD stellte sodann eine Frau auf für die Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung. Mathilde Brückner wurde am 12. Januar 1919 als eine von 13 Frauen in Württemberg in die Versammlung gewählt (swp.de am 01.02.2019).
Es gab allerdings große Skepsis – und dies nicht nur bei Männern. Es waren die bürgerlichen Kreise, die das Wahlrecht für alle Frauen zunächst ablehnten. Allenfalls ein Drei-Klassenwahlrecht oder das Wahlrecht für ledige Frauen konnten sie sich vorstellen. Ehemänner sollten dagegen zwei Stimmen zugestanden werden.
Bemerkenswert ist hier, dass bei der ersten Wahl, an der Frauen teilnehmen durften, es die Konservativen waren, die mehr Frauen als die SPD in die Versammlung schicken konnten. In Wahlversammlungen hatten sie für die Bewahrung „bester völkischer, sittlicher und religiöser Güter“ geworben.
Der Weg war lang und steinig, viele Frauenrechtlerinnen landeten im Gefängnis oder gar auf der Guillotine und von einer tatsächlich existierenden Gleichberechtigung kann bis heute nicht gesprochen werden. Erst am 19. Januar 1919, nach dem ersten Weltkrieg und der Novemberrevolution 1918 erhielten die Frauen das aktive und passive Wahlrecht für die Nationalversammlung in der Weimarer Republik. Ein damaliges Wahlplakat verdeutlichte die erste überparteiliche Wahl für Frauen: „Frieden + Brot – darum wählt Frauen!“ Die Wahlbeteiligung mit 83 Prozent war hoch, aber nur neun Prozent Frauen landeten im Reichstag – von 37 Frauen waren fünf Frauen aus dem Südwesten.
Nach 14 Jahren Weimarer Republik schwand auch dieser niedrige Anteil nochmals auf nur vier Prozent und wurde in den zwölf Jahren der NS-Herrschaft durch das Verbot des passiven Wahlrechts nochmals zur Bedeutungslosigkeit degradiert (schwarzwaelder-bote.de).
Brandenburg hat jetzt als erstes Bundesland ein Gesetz beschlossen, welches von Parteien bei Landtagswahlen gleich viele Frauen und Männer auf den Listen verlangt. Der dortige Landtag votierte in Potsdam mit den Stimmen der rot-roten Regierungsfraktionen und den Grünen für die Änderung des Wahlgesetzes. Die Regelung tritt im Sommer 2020 in Kraft, also nach der anstehenden Wahl. Konsequenz: Mehr Frauen in den Landtag – per Gesetz!
Die brandenburgischen Oppositionsfraktionen von CDU und AfD stimmten gegen das Gesetz. Sie halten es für verfassungswidrig, weil es unzulässig in das Wahlrecht eingreife.
Die Brandenburger Piraten und die Jugendorganisation der Brandenburger Liberalen haben Verfassungsbeschwerden dagegen angekündigt. Die Piraten – nicht im Landtag vertreten – sehen einen Verstoß gegen Artikel 12 der Landesverfassung zur Gleichheit und einen massiven Eingriff in das Prinzip der Organisationsfreiheit der Parteien (lto.de).
Wenn aufgrund potenzieller Verfassungswidrigkeit des Paritätsgesetzes nach dessen Inkrafttreten Neuwahlen notwendig werden und die Verfassungsgerichte noch nicht abschließend entschieden haben, hat Brandenburg eine Staatskrise (CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher bei der Beratung des Gesetzes im Innenausschuss, u.a. giessener-allgemeine.de).
Dagegen hatten die Fraktionen von SPD und Grünen argumentiert, die Gleichstellung von Frauen und Männern sei ein verfassungsrechtliches Gebot.
Viel Diskussion um die „Frauenquote im Parlament“. Die Parlamente „spiegeln“ unsere Bevölkerung. Insgesamt leben in Deutschland rund 41 Millionen Frauen, rund zwei Millionen mehr als Männer (statista.com). Um hier etwas zu ändern, gibt es noch viel zu tun. Gleichstellungsaspekte sind abzuwägen mit Eingriffen in das Wahlrecht und das Selbstverwaltungsrecht der Parteien.
Eine Änderung „auf Knopfdruck“ kann es hier nicht geben …