Korea: Wer die Bilder der herzlichen Begegnung zwischen Moon Jae In und Kim Jong Un gesehen hat, der kann sich schwer vorstellen, dass die koreanische Halbinsel seit Jahrzehnten ein Hort des Kalten Krieges ist. Bis an die Zähne bewaffnet belauern sich am 38. Breitengrad Hunderttausende von Soldaten. Zuletzt gab es Artilleriegefechte, ein versenktes Kriegsschiff, Tests von Atombomben und Raketen, dazu wüste Beschimpfungen und Drohungen.
Es gab und gibt auch Phasen der Entspannung. Die jüngste begann im Januar diesen Jahres. Nachdem US-Präsident Trump Nordkorea die totale Vernichtung angedroht hatte, schaltete Kim auf sanftere Töne um. Südkoreas Präsident Moon ergriff die Chance zum Umsteuern, seitdem agiert er als Coach von Kim und als Moderator zwischen Trump und Kim.
Aus Moons Sicht war das jüngste Gipfeltreffen in Pjöngjang ein Erfolg. Der junge Kim hat Trump interessante Angebote gemacht. Insbesondere die Schließung des Atomkomplexes Yongbyon interessiert den US-Präsidenten. Dort stehen ein Atomreaktor und eine Anlage zur Gewinnung von Plutonium. Das wären starke Symbole einer Denuklearisierung, die Trump als Trophäen hochhalten könnte.
Doch dafür müsste sich der US-Präsident erst einmal selbst bewegen. Die USA wollen ein relativ einfaches Tauschgeschäft „Atomwaffen gegen Sanktionen“. Aber Nordkorea will einen viel anspruchsvolleren Deal von „Atomwaffen gegen Sicherheit“.
Nordkorea will einen Friedensvertrag und eine Sicherheitsgarantie für das Kim-Regime bis hin zum Rückzug der US-Atomwaffen aus der Region. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint keiner dieser Schritte möglich zu sein. Denkbar wäre jedoch eine Vereinbarung zwischen Nordkorea und den USA, ihren Kriegszustand zu beenden.
Angeblich hatte Trump bei seinem Treffen in Singapur Kim versprochen, ein solches Schriftstück zu unterzeichnen. Bisher hat er es nicht getan. Denn dann könnten die USA Nordkorea nicht mehr so einfach angreifen wie jetzt. Zudem könnte Nordkoreas Propaganda das Ende des Krieges als nachträglichen Sieg ausschlachten.
Doch ohne eine weitere vertrauensbildende Maßnahme der USA wird die Kim-Diktatur die derzeitige Entspannungsphase nicht fortsetzen. Der vorübergehende Verzicht der USA auf Manöver in Südkorea reicht nicht aus. Ohne einen weiteren Schritt von Trump wird Kim sein Atom- und Raketenvisier nicht herunterlassen.
Natürlich wäre ein solcher Schritt riskant. Letztlich müssen Trump und auch Moon darauf vertrauen, dass Kim nicht wieder auf Aggression umschaltet und sein Land tatsächlich neu positionieren will. Unter seinem Vater und Großvater verhielt sich Nordkorea wie ein Pariah und wurde daher auch wie ein Pariah behandelt. Der junge Kim scheint diese selbst gewählte Isolation aufgeben zu wollen, motiviert von der Einsicht, dass nur ein Nordkorea der Normalität seinem Volk Wohlstand bringen wird und ihn als Herrscher legitimieren kann.
Die Kritiker warnen, dass Kims Verhandlungstaktik alten Mustern folgt. Er verspricht viel und macht nur, was ihn wenig kostet. Die für alle sichtbare Atomanlage von Yongbyon zum Beispiel war immer dafür gedacht, sie einmal in Verhandlungen zu opfern, während andere Anlagen von vornherein versteckt wurden. Noch nie hat Nordkorea eine Liste aller Atomanlagen und Nuklearstoffe auf den Tisch gelegt, geschweige denn für Inspektionen zugänglich gemacht.
Nordkorea wird seinen Atomschutzschild so lange wie möglich behalten wollen. Doch Kim hat allen Grund dazu, weil er sich nicht sicher fühlen kann. Deswegen verlangt er ein Ende des Kriegszustandes. Wenn selbst Südkoreas Präsident Moon darin keine Gefahr für die Zukunft seines Landes sieht, dann sollte Trump ihm in dieser Einschätzung folgen und bei seinem nächsten Treffen mit Kim eine solche Vereinbarung unterschreiben. Seine Gegenleistungen hat der Nordkoreaner bereits genannt. Der Ball liegt nun im anderen Feld.
Am Rand der UN-Generalversammlung in New York hat US-Präsident Donald Trump ein zweites Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Aussicht gestellt. Dieser solle von US-Außenminister Mike Pompeo vorbereitet werden. Trump sagte, die Beziehungen zu Nordkorea seien sehr gut. Man hätte viele Dinge auf Lager. Es sehe so aus, als ob man bald einen zweiten Gipfel haben werde.
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