Heute, am 23. September, würde die schillernde Schauspielerin 80 Jahre alt. Bis heute wirkt ihre Magie, und weiterhin dient sie als Projektionsfläche weiblicher Freiheit und Haltlosigkeit.

80 Jahre: Natürlich wüsste man gern, was Romy Schneider heute zu „Me too“ zu sagen hätte oder zu Diskussionen um eine Frauenquote im Film. Noch lieber hätte man sie, wie ihre Altersgenossinnen Vanessa Redgrave, Judi Dench oder Liv Ullmann, weiter in vielen Filmen gesehen, hätte Texte von ihr gelesen oder sie im Konzert erlebt, sie hätte vielleicht selbst Regie geführt. Die Chance eines Comebacks oder einer Neuerfindung hat Romy Schneider, die 1982 mit 43 Jahren starb, nicht gehabt. Ihre Filme sind zeitlos, ja, sie werden immer stärker.

Welten liegen zwischen der kokett-fröhlichen jungen Frau, die im Film als Prinzessin aus Bayern mit 16 Jahren einen der mächtigsten Herrscher der Welt heiratet, und ihrer letzten Rolle als eine von Nazis verfolgte Animierdame in „Die Spaziergängerin von Sans-Souci”. Der Streifen sei „das letzte Dokument des viel zitierten „gebrochenen Herzens”, an dem Schneider aus Sicht vieler Fans kurz nach der Premiere starb”, befand der SPIEGEL 2009. Romy Schneider wurde zehn Monate nach dem Unfalltod ihres Sohnes David am 29. Mai 1982 im Alter von 43 Jahren tot am Schreibtisch ihrer Wohnung in Paris gefunden.

Romy Schneider war ein früh verlorenes und verlassenes Kind. Ihre Eltern, Magda Schneider und Wolf Albach-Retty, verfolgten manisch ihre Schauspielkarrieren und konnten mit Romy nichts anfangen. Zuerst kümmerte sich eine Kinderfrau um sie, dann kam sie zu den Großeltern, schließlich in ein Mädcheninternat. Wie einst Emmy Bovary folgte sie in der totalen Weltabgeschiedenheit ihren Träumen und hatte nur einen großen Wunsch, den jeder Kinobesuch neu aktivierte: „Ich muss auf jeden Fall einmal eine Schauspielerin werden. Ja! Ich muss!“ (mittelbayerische.de). Die Ausrufezeichen weisen schon auf das hin, was sie zeitlebens auszeichnete: Eigensinn und ein starker Wille – und die Unbedingtheit des Gefühls.

Frankreich war der Sehnsuchtsort der hochbegabten, aber nie als Schauspielerin ausgebildeten Schneider. „Ich fühle mich zu einem Viertel als Österreicherin und zu drei Vierteln als Französin”, bekannte sie damals. Ihre Liebe zur kunstreichen Grande Nation drückte sich schon bei der Synchronisation der „Sissi”-Filme aus. In der ebenfalls höchst erfolgreichen französischen Variante sprach sie ihre Rolle selbst (berliner-zeitung.de).

Die Deutschen hatten Ende der 1950er Jahre ein Problem damit, dass die von ihnen verehrte Verkörperung der Unschuld mit dem skandalumwitterten französischen Schauspieler Alain Delon nach Paris zog. „Wir sind die beiden meistbeschimpften Frauen Deutschlands”, habe ihr Schneider in einem Interview 1976 gesagt, so die Feministin Schwarzer. Zuvor hatte Romy Schneider zusammen mit 374 Frauen im Magazin STERN bekannt: „Wir haben abgetrieben”.

Der Regisseur Claude Sautet beschrieb sie einmal so: „Sie ist gleichzeitig Gefühl und Spannkraft, Panik und Heiterkeit”.

Auch wenn sie mit einigen Werken in Hollywood Fuß zu fassen versuchte – so etwa mit „Good Neighbour Sam“ an der Seite von Jack Lemmon, in „What’s new Pussycat?” neben Woody Allen und Peter Sellers oder unter Otto Preminger in „The Cardinal” – die große zweite Schauspielkarriere machte Romy Schneider in Frankreich. Das Land wurde der Aktrice zumindest zur zweiten, wenn nicht zur ersten Heimat. „Sie verkörpert den Traum, den alle Franzosen haben: Sie war eine Ausländerin, die wie eine Französin war” (Constantin Costa-Gavras).

Viele Filme und Biografien sind über das Leben von Romy Schneider erschienen. Der jüngste Film heißt „3 Tage in Quiberon“. Die Regisseurin Emily Atef erzählt, wie die erschöpfte Romy Schneider kurz vor ihrem Tod noch ein Interview über ihr kaputtes Leben gibt.

Im Juli 1981 war ihr Sohn David beim Überklettern eines Zaunes mit Metallspitzen nordwestlich von Paris tödlich verunglückt. Der größte Schicksalsschlag ihres Lebens. Einige Monate danach verstarb auch Romy Schneider am 29. Mai 1982 mit 43 Jahren. Die offizielle Todesursache: Herzversagen.

Schneider wurde auf dem Friedhof von Boissy-sans-Avoir beigesetzt. Ihr Ex Alain Delon organisierte nicht nur die Beerdigung, er sorgte auch dafür, dass Schneiders Sohn vom Friedhof in Saint-Germain-en-Laye in das Grab seiner Mutter umgebettet wurde.

Der Mythos Romy Schneider wird bleiben, in ihren Filmen lebt sie weiter.

Nachts sieht man sie vielleicht spazieren, in den Straßen: „La passante du Sans-Souci“.

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