Die Hälfte aller Millenials will die Viertagewoche. Aber sind sie bereit, dafür auf Wochenendtrips und Restaurants zu verzichten?
In Deutschland arbeitet etwa jeder Vierte in Teilzeit, die meisten davon sind Frauen. Aber mit meiner Viertagewoche hat dieses Modell wenig zu tun: Man arbeitet knapp 20 Stunden – entweder weil sie keine ganze Stelle findet, oder weil sie sich um die Kinder kümmert oder die Eltern pflegt. Aber: man will die arbeitsfreie Zeit nicht für andere, sondern für sich nutzen.
Der letzte Monat hat uns verwöhnt mit den vielen Feiertagen. Wir sind total im 4-Tage-Arbeitswoche-Rhythmus angekommen, denn daran konnte man sich schnell gewöhnen. Plötzlich hatten wir da einen neuen Tag Zeit für uns! Wie oft bekommen wir schon mal Zeit geschenkt? Und wer hätte es gedacht: Trotzdem haben wir Deadlines und Ziele einhalten können. Ist das nicht der ultimative Beweis für all die zweifelnden Stimmen, dass wir es tatsächlich wagen könnten, nur an vier Tagen ins Büro zu kommen?
Vielleicht saßen wir dafür auch ein paar Minuten länger am Schreibtisch, aber ein ganzer freier Tag ist eine prima Entschädigung dafür. Ein ganzer freier Tag ist mehr Erholung als eine Stunde mehr Zeit am Abend. Und darum geht es schließlich in Zeiten, in denen wir die perfekte Work-Life-Balance anstreben. Könnte das Experiment der Viertagewoche, zu dem uns der Mai gezwungen hat, nicht endlich der Schritt in die richtige Richtung sein?
Eine Studie hat herausgefunden, dass sich jeder vierte Deutsche eine kürzere Arbeitswoche wünscht und dafür auch weniger Gehalt in Kauf nimmt (Avantgarde). Es geht uns um Flexibilität, damit wir selbst entscheiden und zumindest in die Nähe einer Balance kommen können. Im Life-Part tun wir alles dafür, ausgeglichen zu sein. Wenn sich aber nichts im Work-Part ändert, hilft das auch nicht viel.
Die Idee: Vier Tage Arbeiten und drei Tage frei! Neben Google oder Amazon gibt es inzwischen auch deutsche Unternehmen, die die verkürzte Arbeitswoche anbieten. Darunter sind Start-Ups, aber auch große Firmen wie die Onlinebank Comdirect. Die Modelle sind derzeit ein Fünftel weniger Lohn oder vier Tage zu 10 Stunden. Doch alle Unternehmen lassen die Wahl – Man kann, muss aber nicht.
Die Vorteile für den Arbeitgeber? Ganz einfach: Wenn man erholt ist, ist man zufrieden. Wenn wir zufrieden sind, sind wir motivierter und kreativer. Eine logische Schlussfolgerung, die alle Gegenstimmen, die sich Sorgen um weniger Produktivität oder zu hohe Kosten machen, mundtot macht. Zufriedene Mitarbeiter sind motivierte Mitarbeiter und damit produktive Mitarbeiter und natürlich auch Mitarbeiterinnen.
Noch dazu wächst laut Wissenschaftlern der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin das Risiko für gesundheitliche Beschwerden, je länger die Arbeitswoche dauert. Eine kürzere Woche und mehr Erholung bedeuten also auch weniger gesundheitliche Probleme und somit weniger Krankheitstage. Weniger Arbeitstage könnten dann also trotzdem insgesamt mehr produktive Arbeit zur Folge haben.
Worauf es ankommt, ist, dass wir einen Tag mehr haben, an dem wir nichts müssen. Denn dieses Muss im Arbeitsalltag ist das, was uns stresst, was uns krank macht, uns weg von Entspannung und Balance bringt. Ein paar Tage in der Woche, an denen wir alles können und nichts müssen, bringen Work- und Life-Part in die Waage.
Warum es trotzdem noch die Ausnahme ist, könnte daran liegen, dass das Ganze hohe Flexibilität vom Arbeitgeber verlangt. Aber das ist auch nur fair. In Stellenanzeigen wird von uns immer Flexibilität erwartet, vom Arbeitgeber selbst aber selten gewährt. Mehr Freiheit wiederum schafft Raum für persönliche Weiterentwicklung und Kreativität. Ein starrer Arbeitsalltag ist der Tod für Innovationen und Ideen. Damit der Laden bei all der Freiheit läuft, muss der Arbeitgeber für eine vernünftige Kommunikation, Vertrauen und gute Teamarbeit sorgen. Im Grunde aber nichts, was es nicht sowieso in jedem Unternehmen geben sollte.
Wir bekommen einen neuen Tag und unser Arbeitgeber motivierte Mitarbeiter. Wir nutzen die freie Zeit, um uns zu erholen, dafür stellen die Arbeitgeber funktionierende Kommunikation her.
Eigentlich eine Win-Win-Situation, oder?!