Mit den Pegida-Demonstrationen ist ein Wort in die politische Auseinandersetzung zurückgekehrt, das in der völkischen und nationalsozialistischen Propaganda Konjunktur hatte. Das Wort gehörte schon zum Vokabular der Nazis – und ist zum Unwort des Jahres 2014 gewählt worden. Wir reden von der sogenannten „Lügenpresse“.
Das heißt auch: Apodiktik und primitive Parolen.
Die Ideologisierung der Sprache und die Radikalisierung der Rhetorik im Dritten Reich sind gut erforscht. Ein Merkmal der damaligen Rhetorik ist argumentationsfreie bzw. -verweigernde apodiktische Behauptung, das Verkünden – also nicht Be-gründen – von Wahrheiten, die stumpfe, permanent wiederholte Aufladung von Begriffen jenseits aller Differenzierung, die Umdeutung von Begriffen zu Kampfbegriffen.
Diesem Grundsatz, so die Forscher, entsprachen die Forderungen nach größter Primitivität, nach einfachen, schlagwortartigen Parolen, ständigen Wiederholungen, die Wendung gegen jeweils nur einen Gegner (Sündenbocksyndrom), sowie der apodiktische Ton der Reden, die sich Gründen oder Widerlegung anderer Meinungen bewusst versagte.
Genau besehen ist der Begriff der „Lügenpresse“ einer, der nicht von den Nationalsozialisten erfunden wurde. Er hatte seine erste Blütezeit im Rahmen der völkischen Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der der Nationalsozialismus zahlreiche Impulse verdankte, bis hin zur antijüdischen Rassenideologie. So erschien schon 1914 das Buch „Der Lügenfeldzug unserer Feinde: Die Lügenpresse“ mit einer Gegenüberstellung deutscher, englischer, französischer und russischer Nachrichten. Es war offenbar erfolgreich, denn 1916 legte der Autor einen zweiten Band vor: „Die Lügenpresse: Der Lügenfeldzug unserer Feinde: Noch eine Gegenüberstellung deutscher und feindlicher Nachrichten“.
Auch die AfD-Bundestagsfraktion will nun ihre Kommunikation künftig im Wesentlichen über einen eigenen „Newsroom“ steuern. Fraktionschefin Alice Weidel sagte, das Vorhaben sei „eine innovative Zeitenwende in der Bundesrepublik“ (Focus). Grund für die PR-Offensive ist demnach die Missachtung oder negative Darstellung der AfD in vielen Medien. Solange die AfD von vielen Medien ignoriert oder mit Fake News gezielt schlechtgemacht werde, könne es nur diesen Weg geben.
Unter Berufung auf Fraktionskreise sollen neben der klassischen Pressestelle rund zwanzig weitere Mitarbeiter für die Kommunikation zuständig sein. Die Arbeitsweise des „Newsrooms“ werde der in journalistischen Redaktionen ähneln; was das auch immer bedeuten mag. Zugestanden wird jedoch hier bereits, dass man von ausführlicher Pressearbeit offensichtlich nicht viel hält.. Der Schwerpunkt soll auf der Verbreitung der AfD-Inhalte in den sozialen Medien liegen. Starten soll der sogenannte „Newsroom“ im April.
Die Mitarbeiter sollen dem Bericht zufolge im Schichtbetrieb rund um die Uhr tätig sein. Drei von ihnen werden sich auf Recherche spezialisieren und Themen ausfindig machen, die laut Frau Weidel „unter den Teppich gekehrt werden, und sie journalistisch sauber für die Öffentlichkeit aufbereiten“. Zu diesem Zweck werde in den Fraktionsräumen der AfD im Berliner Jakob-Kaiser-Haus auch ein eigenes TV-Studio eingerichtet.
Soweit also die Vorbereitung „staatlicher Gehirnwäsche“. Partei- oder regierungskritisches wird unter den Tisch gekehrt. Will man hören und sehen, was die Partei „Schönes beschlossen“ hat oder wie „toll die Regierung“ ist, schalte man den „Staatsfunk“ ein. Es wird garantiert Positives über Regierung und Land, sowie Negatives über Opposition und Ausland berichtet werden.
Lassen wir diese Entwicklung sehenden Auges weiterlaufen, haben wir aus den letzten 90 Jahren deutscher Geschichte nichts gelernt. Dann ist die Kritikfähigkeit der Bürger – trotz intensiven Geschichtsunterrichtes über die Nazi- und DDR-Zeit – doch so leicht lahmzulegen. Härter formuliert: es grenzt an Volksverblödung! Und ich betone: „Wenn wir die Entwicklung zulassen …“.
Hoffen wir, dass die Zeit nie wieder kommen wird, in der wir heimlich ausländische Nachrichten hören müssen, um „up to date“ zu bleiben.