Liebe geschlachtete Soldaten,Pierre Mathias

 am 11. November 1918 wurde in Compiègne der Waffenstillstand unterschrieben, somit wurde das Ende des 1. Weltkrieges besiegelt. Millionen Menschen mussten für nichts und wieder nichts sterben, nur die Soldaten-Friedhöfe hatten Hochkonjunktur. Das war das Ende eines der schrecklichsten Kapitel der Geschichte und leider, wie wir wissen, war das nicht die letzte Katastrophe. Ich habe vor Jahren in Verdun einen Film gedreht und hatte dabei noch die Gelegenheit, Veteranen zu befragen. In ihren Worten war noch die Angst zu verspüren, die solch eine Tragödie hinterlässt. Mit meinem Team machten wir Bilder auf einer Hochebene – hier verlief die Front – und wir hatten das unangenehme Gefühl „auf Leichen zu gehen“. Unser Begleiter sagte uns, dass noch Tausende von Toten hier begraben waren, man hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie zu exhumieren, das war einfach unmöglich.

Die uralte Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich fand hier eines seiner Höhenpunkte. Sie wurde künstlich von machthungrigen Politikern geschürt und das Volk ließ sich in diese Hysterie einbinden. Heute sind wir weit davon entfernt, ich habe noch immer das Bild im Auge, bei dem François Mitterand die Hand von Helmut Kohl nahm – Symbolik spielt in diesem Umfeld eine große Rolle. Sie erinnert daran, dass es einmal anders war. Der Grabenkrieg ist im Jahr 2013 kaum vorstellbar. Freunde erschießen sich nicht! Das Gift, das von den damaligen Machthabern verstreut wurde, konnte nur mit einem überragenden Friedenswille entfernt werden. Die Menschen beiderseits des Rheins lernten sich kennen und mussten einsehen, dass sie gar nicht so anders waren. Freundschaften entwickelten sich, Ehen wurden geschlossen, das ist heute Normalität. Aber niemand sollte vergessen, dass nach zwei Weltkriegen sehr viel Misstrauen vorhanden war und nur mit viel Ausdauer konnte Frieden hergestellt werden. Die Frage stellt sich aber, ob so viele Tote wirklich notwendig waren, um dies zu erreichen.

Was kann ich daraus lernen? Ich denke, dass sowohl im beruflichen als auch im professionellen Leben Feindschaften entstehen, die nicht begründet sind und sehr viel Energie in Intrigen verpulvert wird. Jeder der an solche „Aktionen“ beteiligt ist, glaubt daraus Vorteile ziehen zu können. Wenn man am Ende die Bilanz zieht, merkt man meistens, dass es nur Verlierer gibt und das war der Fall in den zwei Weltkriegen. Eines steht aber immer fest: der kleine Mann ist das Opfer. Ich hätte mir gewünscht, dass sich 1914 die Soldaten geweigert hätten Krieg zu führen, aber das war nicht der Fall. Sie jubelten und dachten, dass sie den anderen eine Lektion erteilen würden – das war in den beiden Lagern das Gleiche. Auch die Vorstellung, dass in ein paar Tagen alles erledigt sein würde. Vier Jahre hat die Schlachterei gedauert, ich stelle mir die Frage, ob solch ein Irrsinn noch heute möglich wäre. Dafür habe ich keine eindeutige Antwort, auch wenn immer behauptet wird, dass dies nicht der Fall sein kann. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Stimmung schnell umkippen kann und deshalb ist es notwendig, die persönlichen Bindungen zu pflegen, wie es in einer Freundschaft üblich ist.

//pm

Link zum Thema 11. November

 http://de.wikipedia.org/wiki/Waffenstillstand_von_Compi%C3%A8gne_(1918)

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