Der Gedanke existiert schon länger, das Wahlalter von 18 Jahren auf das vollendete 14. Lebensjahr abzusenken. Die Gründe sind vielfältig, einer davon soll sein, dass die Jugendlichen in der heutigen Zeit früher sozialisiert werden als noch vor dreißig Jahren. Macht das Sinn?
Das Engagement junger Menschen in politischen Organisationen geht seit Jahrzehnten zurück. Ein Grund ist: Wir wollen uns nicht mehr langfristig binden, schon gar nicht an eine Organisation mit wöchentlichem Stammtisch voller Grundsatzdiskussionen. Vielleicht ist sogar die Demokratie an sich in der Krise. Laut einer Studie von YouGov sind nur noch 52 Prozent der jungen Europäer von der Demokratie als bester Staatsform voll überzeugt. Wer hat gegen die junge Demokratiemüdigkeit heute noch eine Chance?
Eventuell: Kleiner Fünf, Pulse of Europe und Demo. Alle diese Bewegungen entstanden letztes Jahr als Reaktion auf die Wahlerfolge der Rechtspopulisten von der Trump-Wahl bis zum Brexit-Referendum. Demo ist unter ihnen vielleicht die spontanste, simpelste, naivste. Und die vollmundigste. „Lasst uns Demokratie machen. Lasst uns demonstrieren gehen. Lasst uns die Dämonen demontieren“, schrieb eine junge Demo-Gründerin in ihrem Facebook-Eintrag nach Trump. Und sofort berichteten alle Zeitungen, Plattformen, Jugendmagazine über sie.
Kinder und Jugendliche würden bei der Bundestagswahl der CDU/CSU die meisten Stimmen geben, aber auch die AfD in den Bundestag wählen. Das zeigen die vorläufigen Ergebnisse einer nicht repräsentativen, bundesweiten Jugendwahl am 15. September für unter 18-Jährige. Den Organisatoren der U18-Wahl zufolge bekam die CDU/CSU etwa 28 Prozent der Stimmen. Die SPD folgte mit knapp 20 Prozent auf dem zweiten Platz. Die Grünen bekamen von den Nachwuchswählern unter 18 Jahren rund 17 Prozent der Stimmen, die Linke etwa acht Prozent. Die AfD landete bei knapp sieben Prozent der Stimmen. Auch die FDP wäre mit knapp sechs Prozent im Bundestag vertreten.
Bei der U18-Bundestagswahl konnten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in 1.662 Wahllokalen ihre Stimme abgeben. Insgesamt nahmen mehr als 215.000 Kinder und Jugendliche an der Abstimmung teil. Das teilte der Deutsche Bundesjugendring als Koordinierungsstelle für die Wahl mit. Die Stimmen aus etwa 300 Wahllokalen waren am Wochenende zwar noch nicht ausgezählt, das endgültige Stimmungsbild werde sich laut den Organisatoren dadurch aber nicht mehr wesentlich ändern.
In den vorläufigen Ergebnissen zeichnen sich deutliche regionale Unterschiede ab. So bekam die AfD bei der U18-Wahl in Sachsen und Thüringen demnach jeweils gut 15 Prozent der Stimmen. In Hamburg oder Schleswig-Holstein blieb sie hingegen knapp unterhalb der Fünfprozentmarke.
Die U18-Wahl wird getragen vom Deutschen Kinderhilfswerk, dem Deutschen Bundesjugendring, den Jugendverbänden und Landesjugendringen sowie vom Berliner U18-Netzwerk. Im Rahmen der Jugendwahl haben sich Kinder und Jugendliche mit den Programmen der Parteien beschäftigt, mit Kandidaten in den Wahlkreisen debattiert oder mit anderen Kindern und Jugendlichen über Politik gesprochen.
An der Wahl dürfen sich Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren beteiligen, eine Altersgrenze nach unten gibt es nicht. Wahlberechtigt sind auch Kinder ohne deutschen Pass. Auch bei der Jugendwahl 2013 hatte die CDU/CSU deutlich vor der SPD gelegen, die Grünen belegten damals ebenfalls den dritten Platz.
„Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“, so der Soziologe Max Weber 1919 in Politik als Beruf, und wird fast täglich damit zitiert. Immer wenn etwas nicht vorangeht, heißt es: Das ist eben Politik! Das nervt, wird bald langweilig. „Bringt ja eh nichts!“ ist das, was man häufig hört. Deshalb haben Jugendliche „Besseres“ zu tun. Und das ist gefährlich!
Die wichtige Lehre aus Demo, Kleiner Fünf, Pulse of Europe: Politik geht eben doch, wenn man jung ist. Gleiches gilt für uns Ältere.
Viele der Jugendlichen haben in der Schule allgemein Politik durchgenommen, sie wissen, was Demokratie bedeutet; und auch Diktatur. Das allein sollte schon zu dem Gang an die Urne motivieren.
Wir Älteren sollten auch aus unserer Wohlstandsblase herauskommen und uns bewusst sein, dass Freiheit und Wohlstand auch Verantwortung bedeutet. Und die trägt man mit beim „Kreuzchenmachen“ im Wahllokal.