AFN steht für American Forces Network. Die Senderkette startete ihren Betrieb im Juli 1943 und sendet seitdem für die im Ausland stationierten amerikanischen Truppen. Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Abzug amerikanischer Truppen aus vielen Teilen der Welt wurden Stationen geschlossen und Frequenzen verlassen. Ab heute, den 18. Januar 2017, wird die reichweitenstarke Frequenz 98.70 MHz aufgegeben, auf der vom Großen Feldberg aus gesendet wird. AFN Wiesbaden sendet dann auf der Frequenz 103.7 MHz vom Standort Mainz-Kastel aus. Außerdem gibt es AFN im Internet. Die Feldberg-Frequenz übernimmt das Deutschlandradio.

Bei den Jugendlichen der 1950er und 60er Jahre war wohl kein Sender so beliebt wie AFN. In dieser Zeit haben die Amerikaner eine andere Rolle gespielt als heute. Es war vor dem Vietnam-Krieg, die Amerikaner hatten die Luftbrücke nach Berlin eingerichtet. Das waren schräge Typen, die in Frankfurt in der Bertramstraße neben dem Hessischen Rundfunk saßen. Und wenn man über die „Amis“ Kaugummi organisieren konnte, war man ein ganz Großer. Später gab es auch billige Zigaretten.

AFN war viel attraktiver als deutsche Sender, was die Musik betraf. Bei den deutschen Sendern liefen Schlager und Heimatlieder. Die Amis hatten eine andere Musik: Jazz, Blues, Swing, Rock, Pop. Das hat dem Lebensgefühl vor der Studentenbewegung einen starken Push gegeben. Vieles, was 1968 passiert ist, ist erst möglich geworden, weil mit AFN nach der Nazizeit eine andere Form von Kultur nach Deutschland gekommen ist.

Beim AFN hat man es wohlwollend hingenommen, ein Instrument in der Hand zu haben, mit dem man kulturellen und auch politischen Einfluss auf die deutsche Bevölkerung und speziell auf die deutsche Jugend nehmen konnte.

In erster Linie war die Senderkette für die amerikanischen GIs gedacht. Diese Bezeichnung entstand in der Zeit von 1915 bis 1920. Der Ursprung der Abkürzung liegt wohl bei den damals von der US-Armee verwendeten Metallmülleimern, auf die GI (englisch Galvanized Iron „galvanisiertes Eisen“) gestempelt war. Später nahm man an, dass die Abkürzung für Government Issue („(her)ausgegeben von der Regierung“) steht, und übertrug sie auf die Soldaten (Wikipedia). Der Sender war gedacht zur Information und Unterhaltung der Soldaten. Die Information war und ist bis heute eigentlich die Hauptaufgabe. Die Musik war der Zuckerguss, mit dem die Medizin, also die Information besser rüberkam. Wir Deutschen haben wohl nur den Zuckerguss in dem Sender gesehen …

Während des Vietnam-Krieges wurde gar an die Westseite Berliner Mauer gesprüht: „Amis raus. Außer AFN!“. Die Stimmung war antiamerikanisch. Viele deutsche Fans dachten, AFN sei etwas ganz anderes als ein Teil des militärischen Apparats. Der Sender ist kein Kulturbetrieb. AFN hatte spezielle Ziele.

Nichtsdestotrotz gab es ideologische Beeinflussung. Es gibt in Amerika den „Free Flow of Information Act“, ein Gesetz, nach dem der freie Informationsfluss gewährleistet sein muss. Dennoch haben die Militärs immer versucht – wie jeder, der Interessen vertritt – möglichst alles unter den Teppich zu kehren, was ihre Truppen nicht hören sollten, unter anderem schlechte Nachrichten aus Vietnam.

AFN hatte natürlich Einfluss auf die deutschen Sender. Es kam frischer Wind in die Frequenzen. Man hat zusehends gemerkt, dass man erfolgreich ist, wenn man nicht nur Musik abspielt, sondern auch locker moderiert. Programmänderungen waren die Folge. Nicht zuletzt deswegen, weil das Publikum wegblieb. In den 1970er Jahren waren dann Sender wie SWF3, etwas später BR3 die ersten, die neues Musikradio im Stil des AFN machten.

Nostalgie … Der AFN trennt sich seit Jahren von Frequenzen in Deutschland. Aber die Jugend hört heute kaum noch Radio, auch kein AFN. Sie nutzt Streamingdienste im Internet. Durch das Internet haben wir die Möglichkeit, uns jeden Sender der Welt ins Haus zu holen. Insofern spielt AFN kaum noch eine Rolle. Der Sender war damals ein „Fenster in eine andere Welt“ (Wolfgang Richter – Dokumentarfilmer). Das spielt heute keine Rolle mehr. Irgendwie schade …

1995 gab es noch einmal eine Reminiszenz – quasi zum Fünfzigsten des Senders. Radio Star – Die AFN Story kam in die Kinos. Ein faszinierender Rückblick auf den schönsten Import amerikanischen Lebensgefühls.

Adieu!

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