Heute riskieren wir einmal ein Blick in das Feuilleton: Wann und wie kam der Mensch zur Unterhose? Ein Kleidungsstück nur für die Oberschicht!?

Die Unterhose hat sich erst nach 1800 in der Bevölkerung verbreitet. Vorher trug die Oberschicht, und von der nur eine Minderheit, Unterwäsche. Die große Mehrzahl der Menschen trug keine Unterwäsche. Es war auch nicht notwendig. Man konnte ohne Weiteres ein langes Hemd tragen, das weit herabreichte und das aufnahm, was heute die Unterhose tut.

Wie hat man das herausgefunden? Der Wertewandel in Richtung Unterhose kam ans Licht durch das Studium von Krankenhausakten: In Krankenhausakten aus Städten, wo die Menschen als Kranke hinkamen, sich vollkommen entkleiden mussten, meist auch gebadet wurden, und wo die Wäsche einzeln registriert wurde. Diese Listen liegen uns heute noch vor.

Die Geschichte der Unterhose reicht bis in die Frühzeit der Menschheit zurück – wenn man den Lendenschurz als Vorläufer der Unterhose in die Betrachtung mit einbezieht. Fliegt man dann durch den geschichtlichen Zeitraffer, stellt man fest, dass die spezielle textile Versorgung des Intimbereichs vor allem erotische Motive hatte – und hat! Bilder mit stattlichen jungen Männern aus der Renaissance belegen es.

Die Unterhose als Kälteschutz und aus hygienischen Gründen gibt es noch nicht so lange. Eine Aufzeichnung eines Nürnberger Spitals (oben schon erwähnt) aus dem Jahre 1841 belegt, dass ein Patient bei seiner Ankunft Unterhosen trug. Einer von vielleicht hundert anderen Patienten ohne etwas drunter …

Wichtig für die Geschichte der Unterhose in der breiten Bevölkerung Deutschlands ist das Jahr 1876. In diesem Jahr wurden Soldaten der preußischen Armee mit Baumwoll-Unterwäsche, sogenannten Trikotagen, ausgestattet. Eine intime Revolution! Kaiser Wilhelm I. (1797-1888) soll sich über das Tragen der Unterhosen bei seinen Soldaten wenig begeistert gezeigt haben – er selbst trug keine.

Preußens Soldaten liebten ihre Unterhosen. Sie waren nicht nur ein zusätzlicher Schutz vor Kälte, sie verhinderten auch den direkten Kontakt mit der rauhgewebten Uniform. Eine frühe Art der Hautschonung! Die Unterhosen der damaligen Zeit hatten kaum etwas gemein mit dem, was man heute unter diesem Begriff versteht: Sie waren lang und manchmal sogar mit dem Oberteil, dem Trikot, verbunden. In Western-Filmen sieht man manchmal noch den einen oder anderen Helden in Beinkleidern, wie sie damals wohl üblich waren.

Um Unterwäsche in großen Produktionszahlen und mit dem erwünschten Tragekomfort herzustellen, war die Erfindung von Webstühlen und anderen Maschinen für die industrielle Baumwollverarbeitung ab circa 1800 notwendig. Baumwollverarbeitung war gleichzeitig die erste industrielle Boom-Branche weltweit, der Bedarf für Baumwollartikel – etwa Unterwäsche – war enorm.

Mit der Baumwolle und ihrer industriellen Verarbeitung gewann die Unterhose dann auch die hygienische Bedeutung, die sie heute innehat. Denn Baumwolle ist leichter zu waschen als Leinen oder Wolle.

Zumindest die männliche Unterwäsche hatte spätestens mit ihrer breiten Einführung in der Bevölkerung so gar nichts Erotisches mehr an sich. Das lag weniger an der Unterwäsche, sondern an der Prüderie des viktorianischen Zeitalters, die bis in die 1960er Jahre anhielt. Unterhosen wurden vor allem aus den bekannten Schutz- und Hygienegründen produziert und schamhaft unter der Oberbekleidung getragen. Kein Wunder, dass lange Unterhosen (weiß, Feinripp) dann auch die Bezeichnung „Liebestöter“ erhielten.

Mit Damenunterwäsche dagegen ging man schon früher offenherzig um: Bieder und dennoch verführerisch dargestellt in Anzeigen und Katalogen von Wäscheherstellern – und natürlich auch in erotischen Fotos und Zeichnungen, die allerdings unter dem Ladentisch gehandelt wurden.

Der Slip setzte sich nach dem zweiten Weltkrieg auch in Deutschland schnell durch. Diese eng anliegende, beinlose Unterwäsche wurde 1934 – zuerst in den USA – gezielt als Unterhose zunächst für Männer entwickelt. 1951 erwarb die Schiesser AG, damals schon ein weltweit bekanntes Unternehmen für Unterwäsche, die Lizenz für den Slip.

Die Unterhosen-Mode änderte sich mit der gesellschaftlichen und sexuellen Revolution von 1968: Viele Tabus fielen. Inzwischen hat die Unterhose für Männer wieder eine gewisse erotische Komponente. Große Auswahl: Pants, Slips, Boxershorts, lange Unterhosen, und vieles mehr. Zudem gibt es einige stilistische Mixformen, wie unter anderem den Tanga.

Eine Vorrichtung in der Männerunterhose verliert immer mehr an Bedeutung. Der Hosenschlitz oder Eingriff wurde erst nach dem ersten Weltkrieg erfunden, um Männern das Urinieren im Stehen zu erleichtern. Aber wer pinkelt heute noch im Stehen – nicht wahr, meine Herren?!

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