Liebe ABC-Schützen,
was unterscheidet Geistes- von Naturwissenschaft? Der schlechteste Chemiker oder Arzt muss die Grundlagen seines Faches kennen, um seinen Beruf ausüben zu können. Anders bei den Menschen, die sich als Psychologe oder als Kunstgelehrte improvisieren. Oft sind es Tätigkeiten, die nicht vom Gesetzgeber geschützt sind. Es ist aus meiner Sicht ein Hohn, dass jeder Heilpraktiker als Seelenklempner tätig werden kann und das mit einer kurzen Ausbildung in diesem Fach, das bedeutet aber nicht, dass darunter auch gute Therapeuten zu Gange sind. Dennoch fehlt mir persönlich das Grundwissen, auch wenn der Instinkt eine große Rolle spielt und das Gleiche gilt im Bereich der Kunst, bei der oft die Unvollkommenheit mit der Freiheit des Schöpfers begründet wird. In zahlreichen Kunstakademien wird unzureichend die Grundbasis gelehrt, es gibt Absolventen, die kaum in der Lage sind, eine Aktzeichnung fertigzustellen oder sich mit der Farblehre auseinander gesetzt haben. Auch bei den Videos gibt es eine Menge technischer Mängel, die die Aussagekraft des Streifens mindern.
Dieser Dilettantismus geht mir gewaltig auf den Wecker, schon deswegen weil ich zur dieser Gilde in meiner Jugend gehörte. Das habe ich alles nachholen müssen sonst wäre es kaum möglich gewesen, dass ich während eines großen Teiles meines Berufsleben Verantwortung trug. Ich habe es immer vermisst, in einen Fundus von praktischen Kenntnissen greifen zu können und als Autodidakt habe ich mich selbst ausbilden müssen. Kultur kann man aus dem Büchern entnehmen, aber wie sieht es mit den Griffen aus, die unter einer Anleitung geübt werden müssen? Da steht man ganz schön im Regen, wenn es dazu kommt, dass eine Aufgabe erledigt werden muss. Zuzugeben, dass ich nicht in der Lage sei, das Pensum zu meistern, habe ich abgelehnt – dies im Bewusstsein, dass es mir sehr geschadet hätte. Ich habe mich fast auf eine abenteuerliche Art durchgemogelt und hatte damit einen großen Erfolg. Das hätte auch gewaltig schief laufen können, ich hatte dabei sehr viel Dusel. Mit der Zeit haben mich meine praktischen Erfahrungen sehr geholfen und ich wurde ein Spezialist in meinem Fach. Dennoch vermisse ich noch immer, das ABC von grundauf nicht gelernt zu haben, auch wenn ich es im nach hinein nachgeholt habe.
Eines steht aber fest: in den frühen Jahren lernt man das ABC leichter. Es ist ein Werkzeug, mit dem man das Leben besser meistern kann und immer wieder hört man von manchen Intellektuellen, dass die Schule nicht so dienlich ist, um Persönlichkeiten zu formen. Das mag richtig sein, aber letztendlich ist das nicht ihre Aufgabe, sie soll nur die Instrumente zur Verfügung stellen, um die Menschen aus ihren Fesseln zu befreien. Das ist für die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung, Kultur kann es sich nur alleine aneignen. Wichtig aber ist zu wissen, wie der Stoff angegangen werden muss und was damit anzufangen ist. Es geht hier nicht um das enzyklopädische Wissen, aber um die Methodik des Lernens und des Assimilierens, dann ist es leichter, sich weiter zu bilden. Sehr oft habe ich festgestellt, dass mancher Intellektueller mit seinen Gedanken nicht umgehen konnte, sie sind wirr und es ist deshalb schwer, sie einzuordnen. Die Kompensation ist das auswendig lernen, aber damit ist es nicht getan, es droht die geistige Erstickung. Das ist ein Phänomen, das heute sehr verbreitet ist – deshalb ran an das ABC. Es öffnet die Tore zur Freiheit!
//pm
Link zur Grundlage-Pädagogik:
http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Piaget