Die Bilder dieser Tage gleichen sich. Viele Jüngere haben solche Massenwanderungen noch nie, die Älteren unter uns schon lange nicht mehr gesehen. Was kommt mit diesen Menschen auf uns zu, hier in Europa, bei uns in Deutschland? Die Leute, die da kommen, waren es gewohnt, in ihrem Zuhause anders zu leben als wir es hier tun. Die Angst vor Überfremdung – im Alltag, in der Religion, in der Kultur – zieht durch unsere Straßen und unsere Köpfe. Die überwiegende Mehrheit ist den Ankömmlingen gegenüber freundlich gesonnen, sogar sehr hilfsbereit. Wenn mehr als vorher die gleichen Ressourcen an Raum und Nahrung benötigen, dann muss man teilen. Und der Wille zu teilen ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Sind wir doch alle Egoisten, auf die eine oder andere Art. Ähnlich wie bei der Energiewende ist unsere „Leidensfähigkeit“ oft sehr beschränkt. „Strom brauche ich, ja. Ohne geht es nicht!“, „Rückbau der Atomkraftwerke? Ja!!!“, „Windenergie und Solarparks? Ja!!!“, „Aber nicht in unserer Nachbarschaft, bitte!“. Mögen manche die Flüchtlinge noch begrüßen und sie erst einmal mit dem Nötigsten versorgen. Das gebietet die Mitmenschlichkeit! Lassen wir Millionen kommen. Die Unterbringung wird zum Problem werden! Wer von uns ist bereit, Menschen bei sich Unterkunft zu geben? In der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus?! Na? Wir haben verlernt zu teilen. Wir haben verlernt, was Glücklichsein bedeutet. Heute heißt das, ich kann mir leisten, was ich möchte. Anno dazumal war man glücklich mit den Dingen, die man besaß. Ständigen Konsum kannte man nicht. Das Glück begann früher, war vielleicht dauerhafter. Warum der Sermon? Gehen wir zurück in die Jahre 1945 bis 1947. Flüchtlingstrecks aus dem Osten überfluten die Reste des Deutschen Reiches. In den letzten Wochen wird die damalige Hilfsbereitschaft so sehr gepriesen. Die gab es! Selbst unter Ausgebombten, die nur noch einen Torso ihrer ehemaligen Behausung hatten, trat man ein Zimmer an die Neuankömmlinge ab. Der Heimatfilm entstand, um jenen ein neues Heimatgefühl zu geben. Aber es gab auch andere Stimmen. Man hatte kaum genug für sich selbst. Und die damaligen Zeiten waren härter als heute, um ein Vielfaches! Phrasen wie: „Das Flüchtlingspack aus dem Osten (Pommern, Schlesien, Ostpreußen)!“, „Diese angeblichen Großgrundbesitzer! Nichts ist ihnen gut genug!“ und einige mehr waren an der Tagesordnung. Viele der Siedlungen mit den kleinen Häuschen und den Gärtchen sind in den folgenden Jahren entstanden. Es war hart, aber die Menschen in Deutschland haben es geschafft. Heute wird das scheinheilige Argument gebracht, dies seien ja Deutsche gewesen! Abgesehen davon, dass man das vor siebzig Jahren noch anders sah, sei die provokante These aufgestellt: Nein, es sind keine Deutschen! Aber wir haben mit diesen Leuten Handel betrieben, Geschäfte gemacht. Die viel gepriesene Marktwirtschaft, Globalismus. Als Gobal Player haben wir uns alle auf dem internationalen Schachbrett gesehen. Und jetzt, da einige Mitspieler Hilfe brauchen, ziehen wir uns auf unser Quadrat zurück?! Denken auf einmal wieder national? Sind die Rosinen im Kuchen besser als jener selbst? Willkommen, Ihr Heuchler! Schach spielen heißt nicht immer gewinnen. Wirtschaften heißt auch, Mitbewerbern wieder auf die Füße zu helfen. Deutschland, nein, ganz Europa ist gefragt. Wir haben 2015, die Jahrtausendwende ist doch schon ein Stück her. Wir leben im dritten Jahrtausend nach Christus, im 21. Jahrhundert. Und wir haben neue Herausforderungen. Um ehrlich zu sein: Wir drücken doch momentan alle, fast alle, noch ganz fest die Augen zu. Was nicht sein soll, kann doch nicht sein, oder!? Dümmliches Gewäsch wie „Eine neue Völkerwanderung!“ und „Das sind keine Flüchtlinge!“ gehen durch die Nachrichten und die Presse. Die letzte Völkerwanderung der Germanen war 376 bis 568. Die Hunnen fielen nach Osteuropa ein. Heute sind wir 7.36 Milliarden Menschen auf der Erde, 500 nach Christus waren es noch 190 Millionen. Wer wandert wohin? Nach dem Motto: „Wenn die am Ziel sind, ist das Problem gelöst“?! Das bringt nichts! Und auch diese Political Correctness. „Man sagt nicht mehr ´Flüchtling´!“. Dazu bitte ein erhobener Zeigefinger. Dämlicher Moralismus! „Was man nicht erwähnt, ist nicht oder tritt nicht ein!“. Leute, lasst uns die Augen öffnen. Wir haben ein Problem mit Migration in Hunderttausenden, vielleicht werden es Millionen. Und das Problem gilt es zu lösen. Was die Probleme angeht, sind wir mitten im Anfang des 21. Jahrhunderts. Wir brauchen politische Konzepte, die die weltweiten Konsequenzen unserer jetzigen Entscheidungen berücksichtigen. Schluss mit nationalem Gerede, die Welt ist nicht so einfach! Wir müssen europäisch und global denken und handeln!
© Thomas Dietsch