Liebe Proletarier,

Pardon, es gibt keine Proletarier mehr in der Bundesrepublik, nur artige Angestellte, die darauf achten, dass es im nächsten Urlaub beim Ballermann in Mallorca, nass zugeht. Fröhlichkeit kann nur mit Feuchtigkeit entstehen, oder? Die meisten vonPierre Mathias ihnen haben vergessen, dass ihre Vorfahren mit der Faust und mit viel Hartnäckigkeit für mehr Gerechtigkeit gekämpft haben und viele von ihnen mussten dabei ihr Leben lassen. Was uns heute als selbstverständlich erscheint, wie die Krankenversicherung oder die Altersente, war für die Herrschenden ein Unding – schufften und krepieren war angesagt. Die Schar von Unterprivilegierten hatte zu parieren, wie gefügige Sklaven und wenn sie ausgelaugt waren, sollten sie so schnell wie möglich abkratzen. Das wurde Ordnung genannt! Ich möchte euch, liebe Proletarier der Vergangenheit, somit meinen ganzen Respekt erweisen. Wer vom Lumpenproletariat spricht, spuckt auf Menschen, für die das Wort Freiheit mehr bedeutete, als sich in einer dämlichen Disco volllaufen zu lassen.

Die roten Fahnen am 1. Mai sind eine Mahnung wach zu bleiben. Es geht heute weniger darum, das System zu ändern, als Korrekturen zu Gunsten der Arbeitenden vorzunehmen. Der tarifliche Konsens, der nach 1948 in Deutschland eingeführt wurde, ist für Europa exemplarisch. Das Wirtschaftswunder ist der Beweis, dass ohne eine enge Zusammenarbeit zwischen den Arbeitgebern und den Werktätigen nichts laufen kann, dass jeder gefragt werden muss, wenn es um den Wohlstand einer ganzen Nation gehen muss – sicherlich ein einzigartiges Politikum. Hier hat das Wort Mitbestimmung ein Gewicht. Alle wichtigen Entscheidungen in einem Betrieb, müssen im paritätischen besetzten Aufsichtsrat besprochen und verabschiedet werden. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Ungerechtigkeiten gibt. Es ist die Aufgabe der Gewerkschaften, ihre Stimme zu erheben und wenn das keine Wirkung zeigt, den Streik aufzurufen, davon wird reichlich Gebrauch gemacht und das ist gut so!

Der ständige Kompromiss kann auch seine Tücken haben. Jahrelang steigt das Einkommen der Arbeitnehmer weitaus geringer als in anderen Ländern der EU. Nur seit kurzem wurden Korrekturen unternommen und das hat dazu geführt, dass der Binnenmarkt lange geschwächelt hat, dass die Bundesrepublik vom Export abhängig war. Die Krisen haben gezeigt, wie gefährlich das sein kann. Wer über die Aktionen der Gewerkschaften schimpft, sollte die gesamte Wirkung einer Gehaltserhöhung unter die Lupe nehmen. Am Endeffekt waren die Entscheidungen richtig, denn niemand ist zu kurz gekommen, weder die Unternehmer noch die Beschäftigten. Das ist der Beweis, dass auf beiden Seiten Leute mit einem wirtschaftlichen Scharfsinn am Werk sind. Die Vorstellung, dass es nur darum geht „die Reichen auszusaugen“, gehört hier zu Lande der Vergangenheit an. Jedes Vorhaben wird global eingeschätzt, bevor es verwirklicht und verabschiedet wird und das ist mit Sicherheit der Schlüssel des Erfolges. In Frankreich, zum Beispiel, wäre man sicherlich glücklich, wenn es so klappen würde, doch davon ist man weit entfernt.

//pm

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