Während der Westen gedroht hat, nicht mit den Taliban zusammenzuarbeiten, nachdem diese die Kontrolle über Kabul übernommen hatten, stehen China, Russland und Pakistan Schlange, um mit den Taliban Geschäfte zu machen.
Als erstes Land hat die chinesische Führung den Taliban „freundliche Beziehungen“ angeboten, nur wenige Stunden nachdem der afghanische Präsident außer Landes geflohen war.
Die chinesische Freundlichkeit gegenüber den neuen Machthabern in Afghanistan beruht allerdings weniger auf Sympathie als vielmehr auf strategischen Interessen. Die beiden Länder teilen eine 76 Kilometer lange Grenze (stern.de) und die chinesische Führung hat Angst vor militanten Islamisten, die in die Provinz Xinjiang einsickern könnten, wo Peking mit harten Repressalien gegen die muslimische Minderheit der Uiguren vorgeht.
Neben dem Sicherheitsinteresse geht es im Umgang mit den Taliban aber auch um wirtschaftliche Interessen. China wünscht sich Stabilität in der Region, um sein Infrastrukturprojekt der neuen Seidenstraße voranzutreiben. Zudem ist Afghanistan selbst zwar ein armes Land, verfügt aber über wertvolle Bodenschätze im geschätzten Wert von bis zu drei Billionen US-Dollar (plutv.com).
Gefürchtet wird Afghanistan als größter Opiumproduzent der Erde. Das Geschäft mit geschätzten 600 Tonnen Heroin steuert etwa 11 Prozent zur Wirtschaftsleistung (faz.net) bei – die Taliban finanzieren sich auch daraus. Die meisten Konflikte in Afghanistan drehten sich seinerzeit um Landbesitz und Wasser.
In den vergangenen 20 Jahren hing Afghanistan am Tropf der internationalen Gemeinschaft, was das Bruttoinlandsprodukt von etwa 20 Milliarden Euro verfälschen dürfte. Allein Deutschland hatte geplant, in 2021 430 Millionen Euro zivile Unterstützung zu leisten (sueddeutsche.de). Angesichts der Machtübernahme durch die Taliban hat das Entwicklungshilfeministerium allerdings einen Stopp aller Hilfe verkündet.
Den Westen hat der Krieg nur gekostet. Das Projekt, Afghanistan nach dem Modell einer westlichen Demokratie umzugestalten, ist gescheitert. Neben 240.000 Todesopfern gibt es folgende Rechnung für den amerikanischen Steuerzahler: Laut Zahlen des Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (Sigar) kostete der Krieg die Amerikaner bisher knapp 1 Billion Dollar. Davon floss die grosse Mehrheit (837 Milliarden) in Ausgaben für den Krieg, 133 Milliarden werden als Aufbaukosten ausgewiesen (nzz.ch).
Ob Afghanistan – teils schon als „Saudi-Arabien des Lithiums“ (US Army, u.a. stuttgarter-nachrichten.de) bezeichnet – tatsächlich zum neuen Eldorado für den in Zeiten des Klimawandels wachsenden internationalen Bedarf an bestimmten Rohstoffen wird, ist nach Experteneinschätzung aus derzeitiger Sicht noch ungewiss.
Dafür ist eine stabile politische Lage in dem Land nötig. Außerdem dauert die Erschließung von Rohstoffvorkommen von der Entdeckung bis zur Ausbeutung teils Jahrzehnte und ist mit enormen Investitionen verbunden.
Wenn es aber in Afghanistan keine politische Stabilität oder sichere Rechtslage gibt, wird kein Unternehmen dort investieren wollen.