Jahrelang hatten die Amerikaner in Doha mit den Taliban über eine demokratische Machtteilung verhandelt. Am Wochenende (faz.net) schrumpfte ihr Forderungskatalog auf eine Bitte zusammen: Lasst uns unsere Botschaft evakuieren, bevor ihr Afghanistan endgültig übernehmt.

Hierzulande wollten die Behörden noch prüfen, welche der Afghanen, die deutschen Soldaten, Diplomaten oder Hilfsorganisationen seit 2002 zur Seite standen, Aufnahme in Deutschland verdient haben könnten. Doch ordentliche Verfahren wird es so bald nicht mehr geben.

Die Sicherung des Flughafens in Kabul sei nur mit Unterstützung von US-Truppen möglich, so Bundeskanzlerin Merkel (CDU). Dadurch werde deutlich, was man könne und was nicht, sagte Merkel offenbar auch mit Blick auf die Möglichkeiten der Bundeswehr (dpa)


Angesichts der drohenden Flüchtlingsbewegungen
ist es wichtig, die Nachbarländer Afghanistans sowie die gesamte Region zu unterstützen. Inwieweit Menschen Afghanistan verlassen können, wird zukünftig von den Taliban abhängig sein.

Die Rückkehr der Taliban bedeutet für Afghanistan die Aufhebung des fragilen Systems der Freiheiten“ (elmundo.es). Es wird eine Unterdrückung von Dissidenten und eine Verfolgung der Zivilbevölkerung, insbesondere der Frauen geben. Das monumentale Fiasko des Westens, in erster Linie des Weißen Hauses, auf afghanischem Boden ist eine sehr schlechte Nachricht für die internationale Gemeinschaft. Man muss nun eine Destabilisierung der Region befürchten, die außerordentlich gefährlich wäre. Die neue Entwicklung stärkt nicht nur die Position Pakistans auf dem geopolitischen Schachbrett. Sie verleiht außerdem dem jihadistischen Terrorismus Flügel.

Es stellt sich die Frage, was der Ursprung der Taliban-Rückeroberung ist, will heißen, was in Afghanistan schiefgelaufen ist. Zweifellos hat die Entscheidung der Vereinigten Staaten – von Ex-Präsident Trump getroffen und von seinem Nachfolger Joe Biden weiterverfolgt –, die Truppen abzuziehen, die Initialzündung für die aktuelle Eskalation war, dazu geführt, dass die schwache afghanische Nation sich selbst überlassen wurde. Ebenso ist die Nato mit dem offensichtlichen Scheitern der Machtübergabe an die lokale Führung (repubblica.it) konfrontiert, für die sie enorme Ressourcen bereitgestellt hat.

Vermutlich werden die Taliban die Evakuierungen zulassen. Es ist unwahrscheinlich, dass sie ein Blutbad anrichten werden. Die Taliban müssen Rücksicht nehmen auf ihre internationalen Partner. Das sind vor allem Pakistan und die Geldgeber in Saudi-Arabien und den Golfstaaten. Denen ist nicht daran gelegen, von den Taliban mit Massakern diskreditiert zu werden.

China hat die militant-islamistischen Taliban zu einer friedlichen und reibungslosen Machtübernahme in Afghanistan aufgefordert. „Die Lage in Afghanistan hat sich wesentlich verändert, und wir respektieren den Willen und die Entscheidung des afghanischen Volkes“ (tagesspiegel.de), so die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunaying, vor der Presse in Peking. Ein Ende des Krieges und die Schaffung von Frieden seien sowohl der einhellige Wunsch der mehr als 30 Millionen Afghanen als auch die gemeinsame Erwartung der internationalen Gemeinschaft und der Länder in der Region.

China und Afghanistan teilen eine 76 Kilometer lange Grenze.

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