Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Brüssel und London verhandeln immer noch über einen Anschlussvertrag.

Inzwischen ist die Zeit für die rechtzeitige Ratifizierung eines angestrebten Handelsabkommens äußerst knapp. Sollte keine Einigung gelingen, drohen Zölle und andere Handelshemmnisse zwischen Großbritannien und der EU. Für diesen Fall wird unter anderem mit schweren Verzögerungen im Warenverkehr am Ärmelkanal gerechnet.

Gestern stimmte das Europaparlament Notfallmaßnahmen für einen No-Deal-Brexit zu. Dabei geht es um Pläne für die Bereiche Fischerei, Flugsicherheit, sowie Flug- und Straßenverkehr.

Den Briten geht langsam auf, was mit der Scheidung von der EU auf sie zukommt. Die Brüssel-freie Zukunft wird nicht so angenehm wie erträumt. Ein No-Deal wird teuer.

Johnson warnte, man liege bei einigen Schlüsselfragen noch „sehr weit auseinander“. Man müsse sich auf ein Scheitern, den „No Deal“ einstellen. Was neben unzähligen anderen Konsequenzen zur Folge hätte, dass europäische Fischer nicht mehr in britische Gewässer dürfen. Für diesen Fall hat die Royal Navy bereits vier 80 Meter lange, bewaffnete Patrouillenboote in Bereitschaft versetzt, um potenzielle Eindringlinge abzuwehren. Ganz so wie es sich der Abgeordnete Kawczynski und andere Brexit-Hardliner in Johnsons Konservativer Partei wünschen (tagesschau.de).

Die Briten haben eine Menge Erfahrung in Seeschlachten um ihren Fisch, zuletzt legten sie sich in den 1970er-Jahren im „Kabeljaukrieg“ mit Island an. Fraglich allerdings, ob sich die Konsumenten an Land an überschüssigem Hering, Makrele und Lachs erfreuen, die sie dann täglich tonnenweise selber essen müssen.

Deutschland und die anderen EU-Staaten fordern angesichts der festgefahrenen Verhandlungen zwischen Brüssel und London, die Vorbereitungen für einen No-Deal-Brexit zu beschleunigen. Die Kommission soll über ihre bereits getroffenen Notfallmaßnahmen hinaus umgehend Gesetzesvorschläge für den Transportsektor machen, um die Verbindungen zwischen Insel und Kontinent zu Jahresbeginn 2021 vor einem Kollaps zu schützen.

Der Brexit ist vollends zu einem Polittheater“ (fuw.ch) verkommen. Beide Seiten beschränken sich weitgehend darauf, die Stimmung ihres Publikums zu steuern. Premierminister Boris Johnson etwa lässt die Briten wissen, dass das Verhandlungsangebot der EU die nationale Souve­ränität zu sehr einschränke. Deshalb sei ein harter Brexit nun zum wahrscheinlichsten Ausgang der Gespräche geworden. Die EU-Kommission wiederum bemüht sich darum, den Mitgliedstaaten zu versichern, sie schütze die Integrität des Binnenmarktes.

Auch Brüssel nimmt für dieses Anliegen ein Scheitern des Handelsabkommens in Kauf.

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