MESZ: Mitteleuropäische Sommerzeit! Die Idee hierzu ist ein altes Steckenpferd fanatischer Energiesparer: Schon 1783 wollte der amerikanische Staatsmann und Erfinder Benjamin Franklin seine Mitbürger mit Kanonenschüssen zu Frühaufstehern umerziehen, mit dem Ziel, weniger Kerzen zu verbrennen. Im Journal de Paris erklärte er, dass das ausgedehnte Nachtleben Energie durch künstliches Licht vergeude. Dagegen helfe früheres Aufstehen und Zubettgehen. Die Idee einer staatlich verordneten Sommerzeit kam etwa ein Jahrhundert später auf. Unabhängig voneinander schlugen George Vernon Hudson 1895 und William Willett 1907 eine saisonale Zeitverschiebung vor (Wikipedia).

Der Insektenforscher Hudson stellte seine Idee erstmals in einem Vortrag 1895 vor der Royal Society of New Zealand vor. Weder sein Vortrag noch die Veröffentlichung seiner Ideen drei Jahre später fanden damals Anklang, so dass er bald in Vergessenheit geriet.

Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts hatte jeder Ort seine eigene Zeit, die sich am Stand der Sonne orientierte. Selbst innerhalb des deutschsprachigen Gebietes gab es Zeitunterschiede. In Bayern richtete man sich nach „Münchener Ortszeit“, in Preußen nach der „Berliner Zeit“ – und war damit den Bayern um sieben Minuten voraus. Aber mit dem Ausbau des europaweiten Eisenbahnnetzes wurde eine einheitliche Zeit immer wichtiger. Eine Vereinheitlichung der Zeit wurde erstmals 1884 angestrebt, als in Washington DC die Einteilung der Welt in 24 Zeitzonen beschlossen wurde. Seit dem 1. April 1893 gilt in Deutschland die Mitteleuropäische Zeit.

Das heißt: nicht ganz. Seit 1916 wurde immer wieder mit der Einführung einer Mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ) experimentiert. Die alte Faustregel „Mittag ist dann, wenn die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hat“ kann mittlerweile nicht mehr angewandt werden. Die Sommerzeit hat den natürlichen Zeitrhythmus durcheinander gebracht und stiftet international Verwirrung.

Deshalb gab und gibt es einige Kritiker, die sich vehement gegen die von Staat verordnete Sommerzeit wehren. Die Geschichte der Sommerzeit hat aus diesem Grund viele Hoch- und Tiefpunkte.

Der erste Versuch eine Sommerzeit einzuführen, wurde 1916 zu Kaisers Zeiten gestartet. Drei Jahre lang stellte man die Uhren von Ende März bis Ende September eine Stunde vor. Doch 1919, zu Beginn der Weimarer Republik, wurde diese Regelung wieder rückgängig gemacht. Auch während der Anfangsjahre des Dritten Reiches behielt man das ganze Jahr die Mitteleuropäische Zeit bei.

Zu Kriegsbeginn allerdings wurde die Sommerzeit aus ökonomischen Gründen wieder eingeführt. Eine Stunde mehr Tageslicht bedeutete auch eine Stunde mehr Arbeitszeit – ein nicht unbedeutender Aspekt in der damaligen Rüstungsindustrie.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit begann in Deutschland ein kleines Zeitchaos. Die drei westlichen Besatzungszonen bekamen die Sommerzeit verordnet. In der sowjetischen Besatzungszone und in Berlin galt die Moskauer Zeit. Moskau ist uns – zeitlich gesehen – zwei Stunden voraus. Zwischen Ost- und Westdeutschland klaffte also eine Zeitlücke von zwei Stunden.

Darüber hinaus gab es zwischen 1947 und 1949 noch eine Hochsommerzeit (11. Mai – 29. Juni) während der die Uhren noch einmal eine Stunde vorgestellt wurden. Dieses Zeitchaos wurde vor allem durch die bessere Ausnutzung des Tageslichts legitimiert. Denn in der Nachkriegszeit mit der weitgehend zerstörten Infrastruktur war die Abhängigkeit vom Tageslicht viel stärker als heute.

Zwischen 1950 bis 1979 drehte Deutschland nicht an den Uhren. Und stand mit dieser Haltung in Europa auf verlorenem Posten. 1978 wurde erstmals wieder über die Einführung der MESZ diskutiert, was man 1980 schließlich umsetzte. Dieses Mal waren die Gründe sowohl politischer als auch ökonomischer Natur. Zum einen beugten sich beide deutsche Staaten dem Druck des europäischen Auslandes, zum anderen zog die Ölkrise von 1973 ihre Spuren nach sich. Man erhoffte sich eine bessere Energieeinsparung – was sich allerdings nicht bestätigte.

1996 markiert den bisherigen Schlusspunkt in der Geschichte der Sommerzeit. In diesem Jahr wurden sämtliche Sommerzeiten Europas vereinheitlicht. Seitdem stellt Deutschland die Uhren von Ende März bis Ende Oktober um.

Wie mir ein Landwirt vor vielen Jahren erzählte: Wie erklärt man Kühen, dass die Melkzeit ab heute eine Stunde vorverlegt ist?! Merke: Nicht jeder hat für solche Experimente Verständnis! In diesem Sinne: Drehen wir an der Uhr!