Wenn die Menschen die natürlichen Ressourcen ihrer Erde für künftige Generationen bewahren wollen, dürften sie vom 9. August an nicht mehr Auto fahren. Sie dürften bis Ende Dezember kein Warmwasser mehr verbrauchen, keine Fische mehr fangen und kein Fleisch mehr essen. Denn seit 8. August ist die Belastungsgrenze der Erde erreicht, die nachhaltig nutzbaren Ressourcen für das laufende Jahr verbraucht, wie Umweltschützer ausgerechnet haben. Man erklärte den heutigen 8. August 2016 zum sogenannten Erdüberlastungstag. Das Datum ermittelt die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation Global Footprint Network jedes Jahr aufs Neue.

Dadurch zeigt sich, dass die ökologische Grenze des Planeten immer weiter überschritten wird. Im Jahr 2000 fiel der Erdüberlastungstag noch auf den 1. Oktober, im vergangenen Jahr auf den 13. August. „Das Limit ist überschritten“, sagt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Wir leben ab heute für den Rest des Jahres allein auf Kosten der Jungen und künftiger Generationen.“ Global betrachtet bräuchte die Menschheit mit ihrer derzeitigen Lebensweise ca. 1,6 Erden, um den Bedarf an Ressourcen und Flächen nachhaltig zu decken.

Noch düsterer fällt die Bilanz für die Bundesrepublik aus. Weil die Bundesbürger wegen des hohen Wohlstands mehr konsumieren als die meisten Menschen in Afrika oder Asien, überstrapaziert Deutschland die biologischen Grundlagen des Landes noch deutlicher. Wenn sich der deutsche Lebensstil überall durchsetzen würde, wären dafür sogar 3,1 Planeten erforderlich. Bei einem weltweiten Konsum und Lebensstil wie in den USA wären sogar 4,8 Erden nötig. Zum Vergleich: Bei einem Leben wie in Indien dagegen nur 0,7.

Das Konzept haben zwei Forscher an der kanadischen University of British Columbia Anfang der 1990er Jahre entwickelt. Sie verglichen den Verbrauch an natürlichen Ressourcen mit der Fähigkeit der Erde, Ressourcen wieder aufzubauen und Abfälle und Emissionen aufzunehmen. Beispiel Kohlendioxid: Indem sie Öl, Gas, Holz und Kohle verbrennen, feuern die Deutschen, US-Amerikaner, Chinesen und Kongolesen den Treibhauseffekt an. Gleichzeitig aber binden die Wälder das klimaschädliche Gas, ebenso nehmen die Ozeane bestimmte Mengen auf. Aus der Differenz ergibt sich der ökologische Fußabdruck durch CO2, den größten einzelnen Verursacher der Umweltbelastungen. Beispiel Ackerland: Für die Herstellung von Lebensmitteln, Fasern wie Baumwolle, Tabak oder Kautschuk beanspruchen die Menschen riesige Flächen. Die Äcker sind aber nur im begrenzten Umfang in der Lage, sich zu regenerieren.

Die Methode zur genauen Ermittlung des Erdüberlastungstages ist umstritten. So kritisierte Greenpeace bereits vor geraumer Zeit die unklare Datengrundlage und fachliche Schwächen. Fraglich ist, ob es tatsächlich auf eine hundertprozentig exakte Berechnung ankommt. Denn Umweltverbänden dient der Erdüberlastungstag vor allem als Mittel, um die Überbeanspruchung der biologischen Kapazitäten des Planeten fassbar und greifbar zu machen. Entscheidend ist aus ihrer Sicht die Tendenz – und die ist eindeutig: Weil die Bevölkerung rund um den Globus weiter wächst und der Lebensstandard vor allem durch den rasanten Aufholprozess von Schwellenländern wie China zunimmt, schreitet der Raubbau an der Natur immer schneller voran.

Daher nutzen Umweltverbände den Erdüberlastungstag, um für ein anderes Wirtschaftsmodell zu protestieren.

Die Landwirtschaft und der Verkehrssektor brauchen ein Umdenken zu mehr Nachhaltigkeit. Mit der Energiewende zeigen wir, dass eine Entwicklung möglich ist, die die Belastungsgrenzen unserer Erde respektiert.

Wir haben unseren Ökosystemen bereits nach weniger als acht Monaten mehr Holz, Pflanzen, Futtermittel, Fisch & Nahrungsmittel entnommen, als in unseren Fischgründen, Wald-, Weide- und Ackerflächen jährlich generiert werden können. Hinzu kommen die Treibhausgase, von denen die Menschheit bereits mehr in die Atmosphäre ausgestoßen hat, als ansatzweise von den natürlichen Kreisläufen aufgenommen werden können. Die Folgen davon sind deutlich spürbar und vielen bekannt: der Rückgang der Artenvielfalt, der voranschreitende Klimawandel, schrumpfende Wälder, Überfischung, Müllberge.