Google ist so überzeugt vom Potenzial kluger Maschinen, dass der Konzern vor einiger Zeit in ein Open-Source-Projekt umgewandelt hat. Dadurch ist ein guter Teil der Google-Forschungen nun öffentlich zugänglich und können von Wissenschaftlern genutzt werden. Der Konzern erhofft sich dadurch noch schnelle Fortschritte.

Bereits jetzt ist erkennbar, dass kluge Maschinen immer mehr Aufgaben übernehmen, die bislang von Menschen verrichtet wurden. Selbst wenn der Pflegeroboter für Altenheime, an dem die Japaner arbeiten, noch weit entfernt scheint, drängen Software und Computer doch bereits immer weiter in die Arbeitswelt vor: Buchhalter, Steuerberater und Sekretärinnen werden schon jetzt immer häufiger von Programmen (z.B. Sprachprogrammen) ersetzt, die ständig dazulernen – ohne jemals müde zu werden.

Manche Experten sind überzeugt, dass eine neue industrielle Revolution bevorsteht. Nur geht es dieses Mal nicht darum, die menschliche Muskelkraft durch Maschinen zu ersetzen, sondern das Gehirn. „Es ist wie damals, als es die ersten Dampfmaschinen gab und die Menschen ein Wett-Tauziehen veranstalteten, wer stärker ist. Als das erste Mal eine Dampfmaschine gewann, war es vorbei. Der Mensch hatte nie wieder eine Chance“ (Geoffrey Hinton).

Hintons Ansatz, das menschliche Gehirn nachzubauen, genannt Deep Learning, basiert dabei auf einer radikalen Theorie: dass die menschliche Intelligenz auf einige sehr wenige Algorithmen, vielleicht sogar nur auf einen einzigen Algorithmus zurückgeht. Lange glaubte man das Gegenteil, dass es Tausende Quellen geben müsste und dass, wer künstliche Intelligenz schaffen will, entsprechend jeweils komplexe Computersysteme bauen müsste für jede Eigenschaft: Sprache, Logik, Sehen.

Die Theorie vom singulären Algorithmus dagegen basiert auf Experimenten, die vermuten lassen, dass die Gehirnregion, die Sehimpulse von den Augen verarbeitet, auch Hörimpulse von den Ohren verarbeiten kann. Zwar funktioniert das nicht bei Erwachsenen, sondern nur in einem sehr frühen Entwicklungsstadium, aber die Forscher ziehen daraus die Schlussfolgerung, dass das menschliche Gehirn letztlich eine lernfähige Universalmaschine ist.

Seit Jahren wird im Silicon Valley an nichts intensiver gearbeitet als daran, Maschinen klüger zu machen. Das sogenannte Machine Learning ist der Kern vieler technologischer Sprünge: Unsere Smartphones verstehen Sprache, Roboter können ihre Umgebung besser erkennen und interpretieren, Computer können ein menschliches Genom entschlüsseln, Autos lernen, autonom zu fahren.

Aber das sind nur erste Schritte. Inzwischen wird überall, wo Maschinen im Einsatz sind, daran gearbeitet, sie intelligenter und selbstständiger zu machen. Nicht nur bei Google, sondern auch bei Siemens oder Bosch, Mercedes-Benz oder Zalando. Denn die Zukunft vieler deutscher Kernindustrien vom Autobau bis zur Robotik hängt davon ab, wer die klügsten Maschinen bauen kann. Wer in der Industrie 4.0 und im „Internet der Dinge“ federführend sein will, muss sich vor allem mit Maschinenintelligenz auskennen.

Google hat dabei auf einigen Gebieten einen Vorsprung, nicht zuletzt bei selbstfahrenden Autos: Dem Roboter am Steuer werden Verkehrssituationen nicht einprogrammiert, er lernt sie vor allem selbstständig, indem die Maschine Millionen von Kilometern im Simulator fährt. „Machine Learning ist derzeit ein Hammer für viele Nägel“ (Christian Plagemann). Plagemann ist ein deutscher Ingenieur, der bei dem Online-Riesen an virtueller Realität forscht.

Schon vor Jahrzehnten hatte Hinton erste Theorien mit einer radikalen Idee formuliert: Dass es möglich sein muss, Maschinen beizubringen, so wie ein menschliches Gehirn zu lernen, zu verstehen – und zu denken. Seine Ideen galten lange als „schwarze Kunst“ durchgeknallter Querdenker. Inzwischen aber werden die Wissenschaftler gefeiert als Stars, als Avantgarde der Forschung, die auf dem Weg ist, intelligente Maschinen zu schaffen.

Wenn ein Computer heute in der Lage ist, wenn man ihm Katzenbilder vorhält, diese nach geraumer Zeit wiederzuerkennen, wo werden wir dann in zehn oder noch mehr Jahren sein?!

Große Veränderungen stehen uns bevor. Wenn man in einer Revolution lebt, bemerkt man es nicht. Wir sind mittendrin. Was unsere Nachfahren wohl über uns lesen und denken werden? Was wird in den Geschichtsbüchern stehen?

Hier kennt man das Phänomen, von Enthüllungen über Aktivitäten der amerikanischen Geheimdienste in Verlegenheit gebracht zu werden. Im Jahr 2013 geriet die Technologieindustrie in Erklärungsnot, als der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden Spionageinstrumente der Regierungsbehörde NSA ans Licht brachte. Branchengiganten wie Microsoft, Apple und Google fanden sich zum Beispiel auf einer Liste von Unternehmen wieder, die in das Spähprogramm „Prism“ eingebunden gewesen sein sollen.

Sie mussten sich gegen den Verdacht wehren, willige Komplizen von Geheimdiensten zu sein. Sie beteuerten, sie würden der Regierung keinen direkten Zugang zu ihren Computersystemen geben, sondern ihr nur auf richterliche Anordnung Daten zur Verfügung zu stellen. Sie sind auf Konfrontationskurs mit der Regierung gegangen und haben Klagen eingereicht. Jetzt bekanntgewordenen Spionageaktivitäten des Geheimdienstes CIA belasten das Verhältnis zwischen dem Silicon Valley und der Regierung aufs Neue.

Wieder hat die Enthüllungsplattform Wikileaks Dokumente veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass die Behörde systematisch Instrumente entwickelt haben soll, um Smartphones, Computer und Fernseher zu knacken. Nach Angaben in den Dokumenten, deren Authentizität von der Regierung bislang nicht bestätigt wurde, sind einige der populärsten elektronischen Produkte betroffen: iPhones von Apple, Smartphones mit der Android-Software von Google, Computer mit dem Betriebssystem Windows und internetfähige Fernseher von Samsung.

Innnerhalb des Geheimdienstes soll es eine Gruppe geben, die allein darauf spezialisiert ist, Schadsoftware zu entwickeln, welche es ermöglicht, sich Zugang zu Daten auf Apple-Produkten wie iPhones und iPads zu verschaffen. Infizierte Smartphones sollen in der Lage sein, ihre Kameras und Mikrofone von selbst zu aktivieren und Informationen wie den Standort ihrer Nutzer an die Regierung zu übermitteln.

Die CIA soll dabei auch in der Lage sein, Verschlüsselungsmechanismen zu umgehen, wie sie zum Beispiel der Kurzmitteilungsdienst Whatsapp hat. Insgesamt soll der Geheimdienst 14 Sicherheitslücken im Apple-Betriebssystem und 24 Schwachstellen in der Android-Software entdeckt und ausgenutzt haben. Auch für die Android-Produkte soll es in der CIA eine andere Spezialtruppe geben. Apple teilte mit, viele der beschriebenen Sicherheitslücken seien in der jüngsten Version seines Betriebssystems behoben worden, und das Unternehmen werde versuchen, etwaige andere Schwachstellen zu beseitigen. Den Kunden wurde nahegelegt, immer die neueste Software herunterzuladen.

Google und Microsoft verkündeten ebenso, man werde sich mit der Angelegenheit befassen. In den Wikileaks-Dokumenten gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Technologiekonzerne mit den Geheimdiensten bei der Suche nach Sicherheitslücken zusammenarbeiten. Unangenehm sind die Enthüllungen für die Branche insofern, dass die Aktion des Geheimdienstes suggeriert, dass populärste Produkte von Geheimdiensten in Spionagevehikel verwandelt werden können. Sie fallen außerdem in eine Zeit, in der sich das politische Umfeld völlig verändert hat. Mit dem früheren amerikanischen Präsidenten Barack Obama pflegte das Silicon Valley ein recht freundliches Verhältnis.

Zwischenzeitlich wurde dies durch die Snowden-Affäre empfindlich gestört, Apple zum Beispiel lieferte sich 2016 einen vielbeachteten Streit mit der Bundespolizei FBI um die Entschlüsselung des Smartphones eines Attentäters. Aber insgesamt kamen beide Seiten gut miteinander aus. Unter dem neuen Präsidenten Donald Trump könnte das anders sein. Dieser hat in der Vergangenheit nicht allzu viel Verständnis für die Befindlichkeiten der Branche mit Blick auf den Datenschutz gezeigt.

Im Wahlkampf kritisierte Trump Apple scharf für seine Position im Streit mit dem FBI und forderte Amerikaner auf, keine Produkte des Unternehmens mehr zu kaufen. Allgemein ist das Verhältnis zwischen Trump und dem Silicon Valley bislang sehr distanziert. Die meisten prominenten Vertreter der Technologiebranche haben sich vor der Wahl öffentlich auf die Seite von Trumps Rivalin Hillary Clinton geschlagen.

Zwar gab es im Dezember letzten Jahres ein Treffen Trumps mit ranghohen Managern amerikanischer Technologiegiganten, das als produktiv beschrieben wurde. Aber seit seinem Amtsantritt als Präsident im Januar hat Trump seinen Schwerpunkt klar auf traditionelle Branchen gelegt, vor allem klassische verarbeitende Industrie und Dienstleister wie Einzelhändler und Versicherer.

Die erneute Affäre zeigt ein weiteres Mal, dass das Vertrauen der Regierung in die eigene Bevölkerung – ja, ihre Wähler – nicht allzu hoch ist. Bedauernswert!