Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wirft der AfD vor, in mehreren Punkten ihres Wahlprogramms gegen das Grundgesetz zu verstoßen. Dazu zählten Forderungen nach einem pauschalen Verbot von Minaretten und Muezzin-Rufen in Deutschland. Selbstverständlich muss jede Religion die Vorgaben unseres Grundgesetzes einhalten. Die Verfassung schreibe jedoch die Religionsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen fest, so der Minister.
Das Bundesverfassungsgericht sagt in seiner Auslegung des Grundgesetzes, dass jede Religionsgemeinschaft, die gewisse Grundvoraussetzungen erfüllt – etwa in Bezug auf Mitgliederzahl oder Bestandsdauer -, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts werden darf.
Auf den ersten Blick unterscheidet die AfD Christentum und Islam als Religionen, wobei der Islam weniger Rechte haben soll. So eine Aufteilung ist dem Grundgesetz fremd. Alles, was es an Rechtspositionen gewährt, gewährt es jeder Religionsgemeinschaft. Es macht keinen Unterschied, ob es sich um das Christentum handelt, das in Deutschland stärker verbreitet ist, oder den Islam.
Bei der AfD klingt es immer so, als sage das Grundgesetz nur, dass man glauben darf, was man möchte. Das ist rechtlich aber gar nicht relevant, denn die Gedanken sind sowieso frei. Der Kern der Religionsfreiheit, wie sie im Grundgesetz gewährleistet ist, besteht aber gerade darin, dass man seine Religion auch leben darf.
Wer sagt, er oder sie könne dies nur tun, wenn bestimmte Kleidungsvorschriften befolgt werden, der ist von der Religionsfreiheit geschützt. Vom Grundgesetz aus betrachtet ist keine Begründung ersichtlich, mit der man ein grundsätzliches Burka-Verbot rechtfertigen könnte.
Das ist aber umstritten. Wenn man sich die Gerichtsurteile dazu anschaut, dann darf man im Bereich des öffentlichen Dienstes gewisse Vorschriften erlassen. Wer in den Staatsdienst eintritt, muss bereit sein, bestimmte Einschränkungen in Kauf nehmen. Wie weit die genau gehen können, ist aber noch nicht völlig rechtlich abschließend geklärt.
Und was ist mit einem Verbot von Koranschulen?
Das ist wohl nach herrschender Meinung unter den Juristen ebenfalls nicht zulässig, denn zur Religionsausübung gehört auch, dass man die Inhalte lehrt. Da gibt es natürlich Grenzen. Der Staat darf sich vergewissern, dass in einer Koranschule nicht zu strafbaren Handlungen aufgerufen wird.
Bundesjustizminister Maas krtisiert, die AfD fordere unter anderem in ihrer Religions-, Familien- und Europapolitik klare Verletzungen des Grundgesetzes. Konkret gehe es um den dort verbrieften Schutz der Menschenwürde, die Unschuldsvermutung, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Freiheit der Religion. Mit der AfD hat erstmals seit 1949 eine Partei die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen, deren Programm in Teilen verfassungswidrig sein kann.
Trotz allem hat Maas bereits vor der Wahl angesichts des absehbaren Einzugs der AfD in den Bundestag vor Verfahrensänderungen zur Blockade der rechtskonservativen Partei gewarnt. Wenn die AfD ins Parlament einziehe – was sie letzten Endes getan hat -, sei das Ausdruck des Wählerwillens. Das ist ein Teil unserer politischen und gesellschaftlichen Realität, was man akzeptieren muss.
Die AfD als drittstärkste Kraft kann das Amt des Vizepräsidenten des Bundestages und traditionell auch den Vorsitz des mächtigen Haushaltsausschusses für sich beanspruchen. Die Regelung, dass der älteste Abgeordnete die Eröffnungsrede hält, wurde bereits geändert, weil dies voraussichtlich ein AfD-Abgeordneter sein wird. Maas selbst halte nichts davon, irgendetwas zu verändern, nur damit die AfD klein gehalten werde. Das verschaffe der AfD nur die Möglichkeit, sich in „diese Opferrolle hinein zu interpretieren“ und damit zu zeigen, dass man anders ist als die anderen Parteien und dass die anderen Parteien sich alle gegen sie verbündet hätten.