Von Süden her überfluten uns Menschenmassen. Wenn die Temperatur weiter im Rahmen des Klimawandels steigt, werden auch Mensch von Norden kommen. Von den Küsten! Dann, wenn das Packeis schmilzt und die Dämme in den Niederlanden und sonstwo brechen. Wohin mit all den Menschen? Wer wird die Ordnung in diesem engen Raum aufrechterhalten?! Ich fürchte niemand. Anarchie und Chaos werden herrschen, Gewalt wird an der Regierung sein.

Heute haben wir außer Kontrolle geratene Flüchtlingsmassen. Die Auffanglager liegen oft in der Nähe von Wohngebieten. Wenn man die Menschen nur unzureichend versorgen kann, wer sagt uns, dass bei dem Anblick, wenn vollbeladene Autos nach dem Einkauf ausgeladen werden, nicht der Gedanke kommt: „Holen wir uns doch, was man uns verweigert!“. Ein Gedanke, der sich erst kriminell anhört, aber bei genauerem Nachdenken nicht abwegig ist. Kriminell ist das, was derzeitigem Strafrecht widerspricht. Und unser Rechtssystem spiegelt eine bestimmte Gesellschaftsordnung wider. Bricht letztere zusammen, dann stellt sich auch die Frage nach einer neuen Rechtsordnung. Und nicht zuletzt einem System, dass diese auch durchsetzen kann.

Wenn nun Menschen auf klapprigen, überfüllten Booten übers Mittelmeer kommen, alles, wirklich alles zurückgelassen bzw. verloren haben, was sollte die aufhalten, sich das zu holen, was man zum Überleben braucht. Das ist keine Frage mehr von Nationalität, Herkunft, Hautfarbe oder sonst etwas. Es geht um das nackte Überleben.

Was sind die Gründe für die Misere? Derer gibt es viele. Wollen wir einen beleuchten? Stichwort Kolonialismus. Man zog aus Europa aus, um andere Länder und Menschen zu unterwerfen. Länder und ihre Bevölkerung sollten ausgebeutet werden. Ja, das ist die alte Leier! Aber einer der Hauptgründe, warum wir heute da sind, wo wir sind. Auf diesem, unser aller Erdball! Warum taten wir das damals? Aus wirtschaftlichen Gründen. Unsere Wirtschaft prosperierte, weil wir andere ausbeuteten. Dann kamen irgendwann die Befreiungskriege. Die Kolonien wurden unabhängig. Nach den verlorenen Kriegen straften die sogenannten „Mutterländer“ die ehemaligen Kolonien zunächst mit wirtschaftlicher Missachtung. Man ließ sie am ausgestreckten Arm verhungern! Der Kalte Krieg überzog die Welt, die Ideen des Westens gegen den Kommunismus. Wieder wollte man keine Handbreit Boden dem Gegner überlassen. Wir boten Entwicklungshilfe gegen das Gut des Kommunismus der anderen Seite. Nicht ganz uneigennützig: Länder, die unseren „heiligen“ Standard, die Marktwirtschaft, erreicht haben – sich „entwickelten“ – waren neue Handelspartner und damit gab es dort neue Märkte. Die Entwicklung ging schief! Heute weiß man das. Wenn wir ehrlich sind, war es vermessen, Demokratie und Marktwirtschaft als das allein Seligmachende zu verkaufen. Da sind Länder wie Irak, Iran, Afghanistan und so weiter, in denen Stammes- und Sippendenken von alters her herrscht, Staaten die religiös regiert werden. Die Menschen dort sind nicht in ihrer politischen und wirtschaftlichen Entwicklung zurückgeblieben. Sie denken einfach anders! Wir müssen in erster Linie lernen, nicht jene. Überall hat der Westen, wo er sich militärisch engagierte, „verbrannte Erde“ hinterlassen. Bürgerkriege, stammes- oder religionsorientiert. Eine Entwicklung, die sich seit unter Umständen Jahrtausenden vollzog, kann nicht von heute auf morgen umgekrempelt werden. Die Frage ist auch: Cui bono? Nur für uns! Die Segnungen der Demokratie einführen; mit der Absicht, dass Frieden einkehrt. Und dann schnell mal die Marktwirtschaft nachschieben. Neue Märkte eröffnen sich, kriegsgebeutelte Länder entwickeln, nachdem Frieden einzieht, einen hohen Wiederaufbaubedarf und eine entsprechende Nachfrage. Was für ein Wirtschaftswachstum! Aber das ging meistens schief. Dauert der Krieg zu lange und wird damit zu teuer, ziehen wir uns zurück. Eine Fehlinvestition! Wir müssen kapieren, dass die Möglichkeiten der Marktwirtschaft und des Wirtschaftswachstums an ihren Grenzen gestoßen sind.

Hände weg von Neokolonialismus! Wir sind an einer Schwelle, wo wir das, das wir vor zweihundert Jahren gesät haben, ernten müssen. Und damals haben wir die Grundlage für Hunger, Leid und Unterdrückung gelegt. Vor Ort in den Ländern muss mit Hilfe dortiger Experten eine Neuaufbau geleistet werden. Ein solcher nach den dortigen Gesetzen! Das wird wohl mindestens Millionen, wenn nicht Milliarden kosten.

Aber es wird Gewalt beenden und unsere eigene Hemisphäre vor solcher schützen.

 

Thomas Dietsch