Sein letzter Wille sei „Idylle“, steht da in Falcos Tagebuch-Exzerpt, er wolle „in Rua gelassen werden“. Da sei ein Vakuum, „fehlender Antrieb“ in ihm. Ein Erschöpfter auf der Suche nach innerem Frieden: „No a Interview und I flipp aus, Burschen.“

Rudi Dolezal hat einen Film über Falco gemacht: zum 60. Geburtstag, einem fiktiven Termin, denn Falco ist seit 19 Jahren tot. Jedes Jahr, seit der Sänger 1998 in der Dominikanischen Republik nach einer durchzechten Nacht in seinem Wagen mit einem Bus kollidierte, bricht im Februar dieser Wirbel los. In diesem Jahr ist der halt besonders wirbelig.

Wenn er morgen seinem Gott gegenüberstehe, könne er ihm sagen, er sei unschuldig. Er habe niemanden betrogen, er habe niemandem wehgetan, außer sich selbst. Und das werde Gott ihm verzeihen. – Mit solchen Gedanken hat sich Hans Hölzel – alias Falco – in Tagebucheinträgen dem Unvermeidlichen entgegenphilosophiert. Hölzel, weiß Dolezal, „war ein witziger, zuvorkommender, intelligenter, belesener, netter, kollegialer Mensch“. Und dann gab es Falco: „Der war meistens a Arschloch: angesoffen unerträglich“.

Wie kam es zu diesem unglücklichen, ach so frühen – ja, zu frühen – Tod? Die Faktenlage sieht so aus. „Es war ein Unfall – Hans Hölzel ist von der Kupplung abgerutscht und fuhr mit seinem Wagen voll in diesen Bus rein. Die Selbstmordtheorie ist vom Tisch“ (Rudi Dolezal).

Falco sei, so soll es der Film erzählen, damals in einem desolaten Zustand gewesen sein. „Er hatte nicht nur diese eine Nacht durchgemacht, er hatte vorher drei Nächte nicht geschlafen“, berichtet Dolezal, noch immer wütend, wenn er an die damalige Zeit zurückdenkt. Falco sei lange Zeit trocken gewesen in der DomRep, sozusagen clean. Dann sei er rückfällig geworden mit Alkohol und Drogen. Thematisiert wird im Film von Dolezal, dass sich Falco wenige Wochen vor seinem Tod unsterblich in eine junge Frau, Selina, verliebt habe. Doch dann habe sie sich wieder von ihm getrennt, was ihm das Herz gebrochen habe. Die Wahrheit sei jedoch auch, so Dolezal: „Sein Rückfall wurde aus der Heimat importiert. Das Kokain wurde von vermeintlichen Freunden aus Österreich auf die Insel geschleppt, zum Teil im Gitarrenkoffer geschmuggelt, und Falco hatte plötzlich wieder Gefallen gefunden an diesem Leben, das er eigentlich schon hinter sich gelassen hatte.“

Das Fatalistische der großen, meist jungen Stars: Sie sterben im Rausch, jung und plötzlich! Und die Kette ist lang: Jim Morrison, Janis Joplin, Elvis Presley, Marilyn Monroe … Das sind nur einige. Dieser Unfall, die Kollision mit dem Bus; erinnert sie doch an ein anderes Ereignis: einen Septembertag 1955, fast 43 Jahre vor Falcos Tod. An der Kreuzung der California State Route 41 mit der California State Route 46 bei Cholame in der kalifornischen Wüste kam James Dean und seinem Beifahrer Rolf Wütherich – einem deutschen Rennfahrer – ein Pkw Ford entgegen. Dessen Fahrer, der Student Donald Turnupseed, bog mit seinem Wagen unvermittelt nach links ab und nahm Dean die Vorfahrt – er habe Deans Porsche nach seiner Aussage nicht kommen sehen. Dean hatte die Scheinwerfer trotz Abenddämmerung nicht eingeschaltet und keine Zeit, auszuweichen, sodass er ungebremst in die Breitseite des alten Ford Tudor fuhr. Der silberne Porsche Deans soll nach Schätzungen bis zu 170km/h gefahren sein. Turnupseed und Wütherich überlebten den Unfall, James Dean verstarb auf dem Weg ins Krankenhaus.

Die Gefilde des Ruhms, sind sie doch ein „Land voller Schlaglöcher. Nur Tote sind unsterblich – und es war Donald Turnupseed, der James Dean unsterblich machte.“ (Süddeutsche Zeitung, 19.11.2010). War es jene ominöse Selina, die Falco, alias Hans Hölzel, unvergessen machte?! Wir reden heute noch von ihm, rund zwanzig Jahre nach seinem Tod, feiern gar seinen 60. Geburtstag. Seinen Tag, jemandes Tag, der zu einem Meilenstein der Musikgeschichte wurde. Wir feiern eine Ikone, Hans Hölzel hingegen ist ein österreichischer Allerweltsname. Kaum einer kennt ihn. Das legt eigentlich nur einen Schluss nahe: den Menschen Falco hat keiner gekannt. Und das Wenige, das wir von ihm wissen, zeigt uns: er muss gelitten haben! Das Schlimme daran: Kaum einer hat es gemerkt! Vielleicht war es uns egal … Hauptsache, er sang! Unsere Gesellschaft kommt hierbei nicht gut weg. Was bleibt, ist eine Ansammlung konsumierender Individuen. Nicht fähig zur Empathie. Eigentlich traurig!

Wir wollen Falco zum 60. recht herzlich gratulieren. Sind wir dankbar für manchen Ohrwurm. Einen hat er schließlich auch von den Toten erweckt. Jemanden, der auch viel zu früh ging, ein Genie! Wolfgang Amadeus Mozart! Das Revival des Amadeus.

Im Olymp der Musik klingen die Schampus-Gläser.

„Alles klar, Herr Kommissar?!“