Der als Urfrau berühmt gewordene Australopithecus afaris mit dem Namen Lucy kam wahrscheinlich bei einem schweren Sturz von einem Baum ums Leben. Zu diesem Schluss kamen Wissenschaftler aus den USA und Äthiopien nach einer Untersuchung des Skeletts mit einem hochauflösenden 3D-Scanner.
Ihre in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Studie zeigt, dass Lucy sich bei einem Sturz Oberarmknochen, Knöchel, Knie und mindestens eine Rippe gebrochen haben muss. Um so schwere Verletzungen zu erleiden, müsse der gerade einen Meter große Urmensch aus mindestens zwölf Metern Höhe gestürzt sein.
Sie habe zum Zeitpunkt des Aufpralls ihre Arme ausgestreckt, um ihren Sturz abzufedern, so ein Professor an der University of Texas in Austin. Lucy war also zum Zeitpunkt des Aufpralls bei Bewusstsein.
Etwa 40 Prozent des Skeletts von Lucy sind erhalten. Bislang war davon ausgegangen worden, dass die Knochen des Frühmenschen nach ihrem Tod zerbrochen waren. Die 3D-Bilder aus der Untersuchung zeigen jedoch, dass die Frakturen in dem lädierten Skelett denen eines Menschen entsprechen, der schwer gestürzt ist.
Die neu ermittelte Todesursache lässt auch den Rückschluss zu, dass die Urmenschen zu Lucys Zeit vor 3,2 Millionen Jahren zumindest zeitweise auf Bäumen gelebt haben.
Das Skelett des Australopithecus Lucy war 1974 vom US-amerikanischen Paläoanthropologen Donald Johanson in der Afar-Region im heutigen Äthiopien gefunden worden. Der hat bereits Zweifel an den Erkenntnissen seiner Kollegen geäußert: Es gäbe definitiv keinen Beweis dafür, wie sie gestorben sei.
Auch ein Kollege von der University of California bezeichnet die Studie als Fehldiagnose. Die Forscher der University of Texas konzentrierten sich nur auf die Risse, die sie einem angenommenen Sturz zuordnen können, und ignorierten die anderen Brüche.
Lucy ist das bekannteste gefundene Exemplar eines Australopithecus afaris. Nach bisheriger Erkenntnis besaß es Zähne, Kiefer und lange Arme wie ein Affe, konnte aber bereits aufrecht gehen. Das Geschlecht des nach dem Beatles-Song „Lucy in the Sky“ benannten Urmenschen ist umstritten. Nach gegenwärtigem Stand der Forschung war Lucy weiblich und zum Zeitpunkt ihres Todes circa 25 Jahre alt.
Aus früheren Untersuchungen sei bekannt, dass an der Fundstelle zu Lucys Lebzeiten Bäume wuchsen, berichten Forscher. Vermutlich habe Lucy in den Bäumen nach Nahrung und nachts Schutz gesucht. Sie habe somit sowohl am Erdboden als auch in Bäumen gelebt. Vielleicht sei ihr gerade das zum Verhängnis geworden, mutmaßen die Wissenschaftler. Die Anpassungen, die den aufrechten Gang und das Leben am Boden ermöglicht haben, hätten vielleicht ihr Geschick beim Klettern eingeschränkt.
Laut John Kappelmann/Universität Texas ist es „ironisch, dass das Fossil, das im Zentrum einer Debatte über die Rolle des Baumlebens in der menschlichen Evolution steht, vermutlich an Verletzungen starb, die durch den Sturz aus einem Baum entstanden sind“ (SPIEGEL ONLINE).
Ist unser Anfang – das Schicksal unserer Urmutter – zugleich eine Prophezeiung für unser Ende?! Das Ende der Menschheit? Wenn ein Lebewesen in seinem ureigensten Lebensraum stirbt ist dies tragisch. Bei Lucy wird man wohl einen Unfall annehmen müssen; wir wissen es nicht. Können wir heute mit unserem Lebensraum umgehen? Wir, der Homo sapiens, der doch als so viel weiter entwickelt gilt als die am Anfang stehende Lucy … Machen wir nicht unseren Lebensraum kaputt, vergiften ihn und beuten ihn aus?! Ist es so sehr an den Haaren herbeigezogen, wenn man die These aufstellt, dass wir auch an den Bedingungen – zugegeben: größtenteils von uns selbst geschaffenen – unseres eigenen Lebensraumes zugrunde gehen werden?! Wir sollten das Schicksal, die Botschaft unserer Urmutter nicht ungehört verhallen lassen. Was letzten Endes nichts anderes bedeutet, als dass wir behutsamer mit unserem Lebensraum, den dortigen Lebewesen und nicht zuletzt auch mit uns umgehen.
Ein bisschen mehr Vorausschau und Vorsicht wären angebracht!