Wer kennt ihn noch, den Brockhaus? Schwer, klobig und tonangebend, was das Nachschlagen von Wissen angeht. Selbst die Bundesgerichte, wie der Bundesgerichtshof, benutzen ihn, wenn es um Definitionen geht. Heute spricht man von WIKIPEDIA!

Die Online-Enzyklopädie ist das Highlight der Internetwelt.

Die schweren Nachschlagewerke wirken wie aus einer anderen Zeit. Die alten Schwarten, gerade wie der Brockhaus, stehen dutzendfach als dicke Bände im Regal des Berliner Deutschland-Büros von Wikimedia, dem Verein hinter Wikipedia.

Schließlich ist die Online-Enzyklopädie nicht unbeteiligt daran, dass traditionelle Lexika heute kaum mehr eine Rolle spielen. Das digitale Nachschlagewerk steht 15 Jahre nach seiner Gründung immer noch vor Herausforderungen.

Am 15. Januar 2001 rief der US-Amerikaner Jimmy Wales gemeinsam mit dem Programmierer Larry Sanger Wikipedia als Folgeprojekt seines Vorgängers Nupedia ins Leben. Die Vision lautete damals wie heute ganz unbescheiden: das gesammelte Wissen der Menschheit jedem frei zugänglich machen. Die Besonderheit war die Wiki-Software: Ein frei verfügbares System, mit dem jeder Nutzer ganz einfach Websites anlegen und bearbeiten kann.

Einen Monat später standen 600 Artikel online, nach einem Jahr waren es schon 20.000. Die Gründer hatten sich mittlerweile überworfen, Sanger zog sich aus dem Projekt zurück. Inzwischen gibt es mehr als 37 Millionen Beiträge in knapp 300 Sprachen, verfasst von unzähligen Freiwilligen. Kurz nach der englischen Version, im März 2001, ging auch die deutschsprachige Wikipedia an den Start. Allein sie wird eine Milliarde Mal im Monat aufgerufen.

Mit rund 1,9 Millionen Artikeln steht sie auf Platz drei – nach der englischen und der schwedischen Ausgabe. Die Deutschen haben traditionell ein Interesse an Enzyklopädien.

Nach wie vor kommt Wikipedia ganz ohne Werbung aus, was laut Wales auch so bleiben soll. Die Plattform trägt sich alleine durch Spenden – und das ziemlich gut. Bei der jüngsten Spendenaktion der Wikimedia Deutschland kamen Ende vergangenen Jahres 8,6 Millionen Euro zusammen.

Aber auch bei Wikipedia kommt es zu Problemen, die nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Eine sinkende Zahl der Schreiber, eine überholte Technik, ein harscher Ton in der Community oder der niedrige Frauenanteil, um einige Beispiele zu nennen.

„Der Pioniergeist der Anfangszeit ist verschwunden“, sagt Martin Haase, selbst lange Jahre als Autor auf Wikipedia aktiv. Der Romanistikprofessor der Universität Bamberg veröffentlichte auch mehrere wissenschaftliche Arbeiten über die Online-Enzyklopädie. Ihre Qualität sei ziemlich gut. „Da meist viele Augen auf die Artikel schauen, gerade bei strittigen Fragen, kann man schon von einer hohen Verlässlichkeit ausgehen.“ Dass die Wikipedia-Idee gut funktioniere, zeige sich in den enormen Nutzerzahlen.

Die renommierten Lexika hat Wikipedia längst hinter sich gelassen. Nach 244 Jahren gab der Verlag der Britannica 2012 bekannt, dass die Enzyklopädie nur noch digital erscheint. Zwei Jahre später zog der Brockhaus – hierzulande 200 Jahre lang als Nachschlagewerk tonangebend – nach. Die Welt ändert sich, die Technologie schreitet voran. Auch die Ansichten in Sachen Bildung haben sich geändert: Man muss heute nicht mehr alles wissen, sondern nur, wo man es nachschlägt.

Um zukunftsfähig zu bleiben, muss sich Wikipedia fortlaufend der sprunghaften Entwicklung der Technik anpassen. Derzeit geht es um die wachsende mobile Nutzung, Wikipedia muss globaler werden. Kritiker bemängeln eine Einseitigkeit, da die meisten Artikel in der westlichen Welt verfasst würden.

Dank der besseren technischen Ausstattung können sich immer mehr Menschen in der Dritten Welt vernetzen. Wir sind in einer Phase, in der die Zahl der Internetnutzer in den Entwicklungsländern explodiert, womit die Nutzung von Wikipedia und die Mitwirkung in den jeweiligen Sprachen sich exponentiell erweitert. Weiter so!

Auf die nächsten hundert Jahre!

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