Ghanas Hauptstadt Accra: Hier liegt Westafrikas größte Müllhalde für Elektroschrott. Die riesige ölig-verdreckte, stinkende Lagune ist gebrandmarkt als „Toxic City“, einer der giftigsten Orte der Welt. Überall brennen alte Elektrogeräte und andere Abfälle: Kabel, Kühltruhen, Drucker, Computer, Autoreifen. Grellgrüne Flammen – dicker, schwarzer Qualm steigt auf. Schwefel beißt in den Augen, das Atmen fällt schwer.
Überall sind Kinder und Jugendliche damit beschäftigt, den Schrott auszuschlachten. Sie schmelzen Kabel und Platinen, wollen an das darin verarbeitete Metall: Kupfer, Aluminium, Zinn.
Manche ziehen einen Magneten hinter sich her – daran bleiben immer ein paar Metallteile haften. Die kann man bei den Händlern verkaufen.

Was Kinder hier verdienen, geben sie ihren Eltern zur Finanzierung des Schulgeldes und der Bücher für die Schule.

An guten Tagen kann man zwei Cedi für den Metallschrott, nicht einmal einen Euro, machen. Die Arme und Beine der hauptsächlich Jugendlichen sind von Glas und scharfen Metallkanten zerschnitten, die Wunden entzündet. Viele klagen über Kopfschmerzen.
Wie giftig und krebserregend die Dämpfe tatsächlich sind, die sie jeden Tag einatmen, weiß niemand. Seit einem guten Jahrzehnt gibt es die Müllhalde in Agbogbloshie, um das Gelände herum hat sich eine ganze Stadt von Läden entwickelt, in denen alte Elektrogeräte gehandelt werden.

Die Deponie ist für viele ein Arbeitsplatz. Gefährlich, gesundheitsschädlich – aber es ist ein Arbeitsplatz, sie verdienen hier mühsam Geld. 6.000 bis 10.000 Menschen arbeiten in diesem Geschäft mit Müll und Elektroschrott, sagen Schätzungen. Auch wenn das alles ohne Genehmigung läuft – diese Leute erbringen auch viele wichtige Dienstleistungen. In den Stadtteilen, in denen kein Müll gesammelt wird, kommt man hierher. Man füllt gewissermaßen eine Lücke. Wenn man die Deponie Agbogbloshie schlösse, müsste man für die Leute eine Alternative finden.
Hinter der Deponie ist ein ganzer Stadtteil entstanden, ein Slum. Kleine Geschäfte, fliegende Händler, Imbissbuden – sie alle leben indirekt von der Deponie. Und sie haben wütend protestiert, als ein Teil des Slums abgerissen wurde. Sie wissen nicht wohin, es gibt kein Angebot für ihre Umsiedlung. Sie würden auch protestieren, wenn die Deponie Agbogbloshie wirklich einfach dicht gemacht werden sollte.
Rund um Agbogbloshie ist ein Netz von Geschäften gewachsen, in denen pfiffige Techniker den Elektroschrott ausschlachten. Und daraus neue Produkte bauen.
Für Umwelt-Aktivisten ist Agbogbloshie ein Ort des Horrors, eine offene Wunde in Ghanas Hauptstadt Accra. Und er macht den Westen, die Industrienationen, zu einem wesentlichen Teil dafür verantwortlich, dass Agbogbloshie existiert. Der Vorwurf lautet: „Die Industrieländer kippen hier ab, was sie selbst zuhause nicht haben wollen!“
Das Baseler Übereinkommen, das auch Deutschland unterschrieben hat, verbietet den Export von technischem Schrott aus Europa. Doch Recycling nach EU-Standards ist teuer, das Geschäft mit Second-Hand-Ware aus der sogenannten Ersten Welt in Afrika dagegen lukrativ. Ob die Geräte, die nach Afrika verschifft werden, auch tatsächlich funktionieren, spielt für rücksichtslose Händler keine Rolle: In den Häfen in Europa würden die Geräte kaum getestet und kontrolliert, außerdem halten am Hafen von Accra korrupte Zollbeamte gerne die Hand auf, um den Schrott durchzuwinken.
Wer für diese wilde Müll-Deponie letztlich verantwortlich ist, lässt sich nicht endgültig klären. Das Umweltministerium von Ghana? Die Verwaltung der Hauptstadt Accra?

Es gibt kein Register dessen, was hier abgeladen wird. Es gibt auch keine Vorsorge gegen Umweltschäden. Schwermetalle, giftige Dämpfe, chemisch belastete Flüssigkeiten – all das hat niemand im Griff. Bennet Akuffo von der ghanaischen Umweltorganisation Green Advocacy Ghana hat mit einem Experten-Team Blei- und Kadmium-Werte im Blut von Menschen gemessen, die auf der Müllhalde von Agbogbloshie arbeiten. Die Werte sind hoch!