Der Kassenbon … In Ländern wie Österreich, Italien oder Slowenien kennt man das Problem. Hier ist das Leben einfach. Zumindest dann, wenn man es auf die Frage reduziert, ob man den Kassenbon nach dem Einkauf aufheben soll oder entsorgen kann. Denn hier gilt die Belegpflicht. Das heißt, in den drei Ländern muss der Bon aufgehoben und auf Verlangen der jeweiligen Finanzbehörde auch vorgezeigt werden. Das soll verhindern, dass Geschäfte Einnahmen der Steuer verschweigen. Der Kunde wird sozusagen zur Mithilfe gegen Steuerhinterziehung verdonnert.

Und hierzulande? Musste man sich bisher um derartige Bürgerpflichten keine Gedanken machen, tritt ab dem 1. Januar 2020 die Beleg-Ausgabepflicht in Kraft. Die ist Teil der Kassensicherungsverordnung, welche dafür Sorge tragen soll, elektronische Kassen auf ein fälschungssicheres System umzustellen, welches jeden Tastendruck aufzeichnet – und immer automatisch einen Kassenzettel erstellt und auch zur Verfügung stellt. Aufgrund der eindeutigen Zuordnung eines Belegs zu einem elektronischen Aufzeichnungssystem, welches den Bon erstellt hat, können die Angaben auf dem ausgegebenen Beleg jederzeit – z.B. bei kurzfristigen Kassenprüfungen – überprüft werden, so das Bundesfinanzministerium.

Wieso das alleinige technische Erfassen im Kassensystem nicht ausreichend ist und stattdessen auch ein Kassenbon ausgehändigt werden muss, bleibt unklar.

Sonderlich lange hat der Brötchenkauf beim Bäcker bislang nicht gedauert: bestellen, bezahlen, gehen. Das könnte sich ab dem kommenden Jahr jedoch ändern. Denn dann müssen sämtliche Händler ihren Kunden zwingend einen Kassenbeleg aushändigen – ob die ihn wollen oder nicht. Das deutsche Bäckerhandwerk hält das für Irrsinn.

Das Finanzministerium teilt allerdings mit, dass es keine Belegannahmepflicht für den Kunden gibt, eine aktive Mithilfe zur Bekämpfung von Steuerhinterziehungen wird Verbrauchern also auch in Zukunft nicht abverlangt.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet damit, dass durch die neue Verordnung zwei Millionen Kilometer zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr im Einzelhandel produziert werden. Zudem verweist der Verband auf die hohen Kosten für die technische Umstellung der Kassen. Hier rechnet man mit 300 bis 500 Euro pro Kasse (n-tv.de).

Die neue Pflicht der Bonausgabe betrifft die gesamte Wirtschaft. Bäcker, Gastronomen, Friseure, Kioskbetreiber – sie alle müssen künftig einen Beleg ausgeben. Vor allem für Unternehmen, die viele kleine Waren von geringem Wert verkaufen, steigt die Belastung überproportional. Einzelne Unternehmer können sich aber von der Pflicht befreien lassen, bei persönlicher oder sachlicher Härte, so sieht es die Abgabenordnung vor. Das sei etwa dann der Fall, wenn ein Händler „Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen“ verkauft (tagesspiegel.de).

Die Papierlawine ist umweltpolitisch kaum zu verantworten, der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks beklagte schon die Müllberge aus gesundheitlich umstrittenen Thermopapier, die da auf uns zukommen. Der „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ (BUND) weist darauf hin, dass der hohe Ressourcenverbrauch auch nicht notwendig sei. „Alternativ kann die Rechnung auch auf einer Kundenkarte oder in einer E-Mail dokumentiert werden“, so Rolf Buschmann, Experte für Abfall und Ressourcen beim BUND (express.de).

Wer gegen die neu eingeführten Verpflichtungen verstößt, kann mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 EUR rechnen. Ursprünglich sollte die neue Regelung ab 1. Januar 2020 greifen, aufgrund der Marktsituation und der Umstellung räumte das Finanzministerium nun Zeit bis Ende September ein. Für Registrierkassen, die den gültigen Anforderungen der Finanzverwaltung von 2017 entsprechen und vor dem 01.01.2020 erworben wurden, gibt es eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2022. Bis zu diesem Datum darf diese alte Kasse weiter genutzt werden.

Die Kassen sollen letzten Endes fälschungssicher werden. Kritisiert wird an dieser Stelle: die Bon-Pflicht. Denn ob der Kunde seinen Zettel mitnimmt, ist an dieser Stelle unerheblich.

Das Umweltbundesamt sagt: Nie zuvor haben Deutsche so viel Verpackungsmüll wie derzeit produziert. Es beruft sich dabei auf Zahlen aus 2017. Kassenbons werden in der Regel auf Thermopapier gedruckt, haben eine spezielle Beschichtung und sind deshalb ein Fall für den Gelben Sack oder den Restmüll.

Eine typisch deutsche Regelung: statt mit der neuen Gesetzeslage den digitalen Einkauf zu forcieren gibt man Verhaltensregeln für die Entsorgung der zusätzlich produzierten Kassenbonschlangen heraus.

Bravo!

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