Der Gemeinfreiheit unterliegen alle geistigen Schöpfungen, an denen keine Immaterialgüterrechte, insbesondere kein Urheberrecht, bestehen. Die im anglo-amerikanischen Raum anzutreffende „Public Domain“ ist ähnlich, aber nicht identisch mit der europäischen Gemeinfreiheit. Nach dem Schutzlandprinzip bestimmt sich die Gemeinfreiheit immer nach der jeweiligen nationalen Rechtsordnung in der eine Nutzung vorgenommen wird (wikipedia).

„Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.“ Paragraph 64 des Urheberrechtsgesetzes ist da unmissverständlich. Seit Januar diesen Jahres also sind die Werke aller Künstler ohne urheberrechtlichen Schutz nutzbar, die 1948 oder früher gestorben sind. Dazu zählen etwa der Dadaist Kurt Schwitters und der „Tango aller Tangos“. Davon profitieren die Wikipedia, E-Book-Freunde und alle, die Kunstwerke frei nutzen wollen.

Mit dem Beginn des neuen Jahres erlischt auch für einige theologische und kirchliche Schriften der Urheberrechtsschutz.

Der sogenannte „Public Domain Day“ wird jedes Jahr am 1. Januar gefeiert – in den USA das erste Mal seit 20 Jahren.

Gemeinfreiheit bedeutet praktisch: Schulen können Theaterstücke in der Originalversion ohne Genehmigung aufführen, Künstler dürfen Bilder und Aufnahmen verändern, remixen oder anderweitig für eigene Werke nutzen, Online-Bibliotheken wie das Project Gutenberg oder das Internet Archive können kostenfreie E-Books aus gemeinfreien literarischen Texten anbieten.

Zudem profitiert die Wikipedia: Dort haben hunderte Artikel neues Anschauungsmaterial in Form abgelichteter Kunstwerke oder Fotografien erhalten, deren freie Nutzung bis vor kurzem nicht möglich war. Das bereichert das Online-Lexikon ungemein.

Einige der Künstler wurden von den Nationalsozialisten für ihre Arbeiten verfolgt. Durch die Aufhebung des Urheberrechtsschutzes könnten ihre Werke künftig eine größere Verbreitung finden. Neben Kerr und Ludwig zählt dazu auch der Dadaist Kurt Schwitters, dessen Gedichte und Bilder jetzt gemeinfrei sind. Dazu kommen die Werke einer weiteren Vertreterin des Dadaismus: Emmy Hennings; Namen, die kaum noch einer kennt …

Aus dem musikalischen Bereich ist der „Tango aller Tangos“ La Cumparsita des Uruguayers Gerardo Maro Rodriguez zu nennen, da auch in Uruguay nach 70 Jahren das Urheberrecht erlischt.

Zum ersten Mal seit 20 Jahren wird auch in den USA wieder der „Public Domain Day“ gefeiert. Auf Druck der Unterhaltungsindustrie hatte der Kongress 1998 den Urheberrechtsschutz von 75 auf 95 Jahre verlängert, mit dem Copyright Term Extension Act, auch „Micky-Maus-Schutzgesetz“ genannt (horizont.net, 19.11.2008). Seitdem wurden keine Werke mehr in die Gemeinfreiheit erlassen. Anders als zuvor erwartet, hielt sich die Branche diesmal mit Forderungen nach einer Verlängerung der Schutzfrist zurück.

Mit dem Jahreswechsel sind in den USA nun alle Werke gemeinfrei, die vor 1924 erschienen sind.

Zurück nach Deutschland: Durch ein Urteil ist die Nutzung einiger gemeinfreier Werke aktuell nur mit Einschränkungen möglich. Mitte Dezember letzten Jahres entschied der Bundesgerichtshof, dass Museen ein Fotoverbot in ihren Räumlichkeiten durchsetzen können.

Der Fall: Ein für die Internet-Plattform Wikimedia arbeitender Mann hatte Gemälde und andere Objekte, die im Mannheimer Museum Reiss-Engelhorn ausgestellt waren, im Netz veröffentlicht. Bei all diesen Werken war die Schutzfrist von 70 Jahren abgelaufen. Zu den Abbildungen der Werke war er auf zwei Wegen gekommen. Zum einen hatte er eigenhändig entgegen einem Fotografierverbot in dem Museum Fotos der Kunstwerke gemacht. Zum anderen hatte er Fotos der Werke, die das Museum selbst hatte anfertigen lassen und in einem Katalog veröffentlicht hatte, eingescannt. Beides ließ sich das Museum nicht gefallen und verklagte den Mann auf Unterlassung und Schadensersatz. Zu Recht, wie der Bundesgerichtshof nun entschied (Az. I ZR 104/17) (wz.de).

Demnach dürfen Besucher nicht einfach ein Foto von einem gemeinfreien Kunstwerk machen und veröffentlichen, wenn das Museum dies nicht wünscht. Von Museen in Auftrag gegebene Fotos eines Werkes sind sogar für 50 Jahre urheberrechtlich geschützt. Das Urteil hat deshalb auch massive Einschränkungen für digitale Netzkultur zur Folge, weil auch gemeinfreie Werke nicht bedenkenlos benützt werden können, solange nicht klar ist, wie und von wem sie digitalisiert worden sind.

Diese Einschränkungen könnten jedoch durch die EU-Urheberrechtsreform wieder aufgehoben werden, die derzeit zwischen den EU-Institutionen verhandelt wird.

 

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