Ein Umzug bedeutet meistens Stress und angespannte Nerven. Gerade bei der Übergabe der alten Wohnung haben viele ein ungutes Gefühl – hoffentlich ist dem Vermieter alles hübsch genug. Aber muss ich überhaupt renovieren? Ein Urteil der obersten Zivilrichter am Bundesgerichtshof (BGH) vom 22. August verschafft Mietern in dieser Frage mehr Klarheit (Az.: VIII ZR 277/16).

Folgender Sachverhalt:

Ein Mieter hatte seine Wohnung im niedersächsischen Celle vor dem Auszug selbst gestrichen. Dazu hatte ihn die vermietende Wohnungsbaugenossenschaft aufgefordert. Der waren die Decken und Wände allerdings zu streifig – sie ließ für knapp 800 Euro einen Maler kommen. Bezahlen sollte das der Mieter. Er weigerte sich.

Wie ist die Rechtslage?

Grundsätzlich verpflichtet das Gesetz den Vermieter, die Wohnung in Schuss zu halten. Davon darf allerdings abgewichen werden, und deshalb ist die Ausnahme seit langem zur Regel geworden. Sogenannte „Schönheitsreparaturen“! Vereinfacht gesagt sind das alle Malerarbeiten in der Wohnung, also das Streichen oder Tapezieren der Wände und Decken, aber auch das Lackieren von Heizkörpern, Türen oder Fensterrahmen von innen. Das muss nicht unbedingt ein Handwerker erledigen. Solange der Mieter „fachgerecht“ arbeitet, kann er selbst zu Pinsel und Rolle greifen.

Etliche gängige Klauseln zu Schönheitsreparaturen in heutigen Mietverträgen haben Gerichte für unwirksam erklärt, weil sie die Mieter unangemessen benachteiligen. Zum Beispiel dürfen Vermieter nicht vorschreiben, dass Küche und Bad zwingend alle drei Jahre zu streichen sind – egal, wie abgenutzt die Räume tatsächlich aussehen. Hat der Mieter so eine unwirksame Klausel in seinem Vertrag stehen, ist er fein raus: Er muss die Arbeiten gar nicht erledigen.

Hier kommt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2015 ins Spiel. Seither dürfen Mieter/-innen nicht mehr ohne Ausgleich zur Übernahme von Schönheitsreparaturen gezwungen werden, wenn sie in eine unrenovierte Wohnung ziehen. Sonst müssten sie die Räume womöglich schöner hinterlassen, als sie sie vorgefunden haben. Der betroffene Mieter hatte die Wohnung nicht renoviert gemietet. Er ist deshalb der Ansicht, dass er gar nicht hätte streichen müssen.

Wäre da nicht eine Vereinbarung mit seiner Vormieterin. Mit ihr hatte er beim Einzug im Übergabeprotokoll abgemacht, dass er „Renovierungsarbeiten u. Tebo“ übernimmt. Darauf pochte die Vermieter-Genossenschaft.

Wie haben die Karlsruher Richter entschieden?

Zugunsten des Mieters! Wenn zwei Mieter untereinander etwas vereinbaren, kann das nach Auffassung des 8. Senats keine Auswirkungen auf den Mietvertrag haben – schon gar nicht mit der Folge, dass der Vermieter behandelt wird, als hätte er die Wohnung renoviert übergeben. So hatte es zuvor das Landgericht Lüneburg gesehen.

Kritisch betrachtet kann man streiten. Absprachen à la „Ich lasse die Küche da, dafür streiche ich nicht“ sind für alte wie neue Mieter eine wunderbare Lösung. Aber warum sollte sich ein Vermieter darauf in Zukunft noch einlassen? Mieter sind trotzdem im Vorteil. Das Grundsatzurteil gilt für alle bestehenden Mietverhältnisse. Dort geht es allein um die Frage: Renovieren – ja oder nein? Und das lässt sich künftig anhand der Klausel im Vertrag eindeutig beantworten.

Eine solche Abmachung der Mieter untereinander hat keinen Einfluss auf die Verpflichtungen von Mieter und Vermieter aus dem Mietvertrag (Az. VIII ZR 277/16).

Das ist gut für alle Mieter, die jetzt schon solche Klauseln geschlossen haben. Sie müssen nicht mehr renovieren. Ob das Urteil auch so gut für alle Mieter nach ihnen bleibt, ist höchst fraglich. Denn jetzt lernen die Vermieter: Solchen Absprachen sollten sie nicht mehr zustimmen, sonst müssen sie am Ende selbst renovieren!

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