Wir alle kennen die Story von „Jurassic Parc“: Die Idee oder der Traum, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Konkret geht es in Jurassic Parc um das Wiederauflebenlassen der Urzeit.

Ein russischer Wissenschaftler hatte seinerzeit ein einmaliges Experiment begonnen: Er will auf ewigem Frostböden eine Tier- und Pflanzenwelt entstehen lassen, wie sie vor 10.000 Jahren in dieser Region existierte.
Vor 30 Jahren galt der damals junge Wissenschaftler Sergej Simow als ein Abenteurer – bestenfalls ein Träumer, im schlechtesten Fall ein Verrückter.

Seine kühne Idee wurde als phantastisch aufgenommen, doch kaum jemand glaubte daran. Aber vom Schicksal wird bekanntlich bald Schmähung, bald Lob ausgeteilt. Der russische Wissenschaftler ist bei Umweltschützern, Biologen und Klimatologen sehr beliebt. Er hat viele Studien verfasst, mit welchen er seine Ideen propagierte, und sein Projekt hat auch lebhaftes Interesse erweckt. Letztlich ist er nirgendwo mit ernsthaftem Opponieren seitens der wissenschaftlichen Gemeinschaft konfrontiert gewesen.

Das ökologische Experiment des Sergej Simow in der Dauerfrostzone auf dem Territorium der Republik Sacha-Jakutien wird weltweit von Wissenschaftlern aufmerksam verfolgt. Das Projekt „Pleistozän-Park“ ist beispiellos: An einem Abschnitt der rauhen Tundra lässt Simow ein gewisses lebendiges Modell der fernen Vergangenheit der Erde – die Quartärperiode – entstehen. Es handelt sich um eine Epoche von vor 10.000 Jahren, als das Klima, die Vegetation und die Tierwelt die uns vertraute Gestalt bereits angenommen und unsere Entwicklung als moderne Menschen begonnen hatte.

Das beispiellose Experiment hatte noch zu Sowjetzeiten mit Unterstützung des Pazifik-Institutes für Geographie begonnen, dessen Mitarbeiter Sergej Simow war. Das einzigartige und für Jakutien ehrenvolle Projekt wurde von den Behörden der Republik unterstützt. Für diesen Zweck wurde ein 16.600 Hektar großes Gebiet, 1.500 Kilometer nordöstlich von der Hauptstadt Jakutsk, nahe der Wohnsiedlung Cherski am Kolyma-Ufer bereitgestellt. Hier, in der öden Tundra wurde die Nordöstliche Forschungsstation eingerichtet.

Die ersten Ansiedler – Pferde, Moschusochsen, Elche, Marale, Rentiere und verschiedene kleinere Tiere – gewöhnen sich gut an die Bedingungen des Parks. Erwartet wird die Ankunft von „Ausländern“ – in Kanada gekauften Bisons. Zu den Grasfressern werden sich bald Raubtiere – Vielfraße, Wölfe und Luchse – gesellen. Ohne natürliche Auswahl kann keine gesunde Population gesichert werden. Die Bewohner des „Pleistozän-Parks“ sind gegen Hunger und menschliche Aggression geschützt. Zunächst müssen sie für Anpassungszwecke in einer Umzäunung gehalten werden und Mischfutter bekommen, solange natürliche Tundra-Gräser nicht hochgewachsen sind.

Grasland-Ökosysteme sind biologisch wesentlich produktiver als Tundra und Taiga. Nicht nur der Artenreichtum ist größer. Aufgrund der hohen Individuenzahl ansässiger Herden binden sie wesentlich mehr Kohlenstoff. Das könnte entscheidend werden, wenn der Permafrost jetzt weiter auftaut. Dieser Gedanke war neben dem Wunsch, die einstige Artenvielfalt wieder herzustellen, einer der Paten, die an der Wiege des Pleistozän-Parks standen.

In der Nähe Cherskis nimmt der Park inzwischen langsam Gestalt an. Auf einem eingezäunten Grasland-Überrest werden die Reste der eiszeitlichen Tierwelt wie Elche, jakutische Wildpferde und Moschusochsen konzentriert und vom Jagddruck befreit, der nach Simows Angaben immer noch hoch ist. Wenn sich die Herden nach und nach vergrößern, soll das Land des Parks ausgedehnt werden. Schließlich denkt man neben den noch vorkommenden Raubtieren wie Wolf, Fuchs und Luchs auch daran, den sibirischen Tiger wieder heimisch zu machen. Kleinere Tiger-Populationen haben im Südosten Sibiriens in der Amur-Region überlebt.

Ist das Projekt erfolgreich, so wäre es nicht nur ein interessantes ökologisches Experiment, an dem die Wechselwirkung zwischen Flora, Fauna und Mensch studiert werden könnten. Simow erhofft sich auch einen Beitrag gegen die globale Erwärmung.

Zum einen könnte das Ökosystem, wenn es denn im großen Maßstab ausgedehnt werden kann, einen nicht unwesentlichen Tel des Kohlenstoffs binden, der derzeit im Permafrost gespeichert ist. Andernfalls würde dieser beim Auftauen in die Atmosphäre gelangen und den Treibhauseffekt verstärken. Die Herden, so Simow würden zudem im Winter größere Teile der meist dünnen Schneedecke beseitigen und den Boden kälteren Temperaturen aussetzen. Das Auftauen des Permafrosts würde somit verzögert. Außerdem – wie oben angedeutet – sei die Reflektivität des Graslandes höher als jenes der bemoosten Tundra. Im Sommer würde also mehr der einfallenden Sonnenstrahlung direkt in den Weltraum zurückgeworfen.

Wünschen wir dem Projekt Glück!

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