Reform – Zurück in die Vergangenheit
Die zwei Michel aus der Straße: Sie stehen am Gartenzaun beieinander. Einer davor, der andere dahinter. So wie immer eigentlich … Die kleine Straße, ist sie nicht ein wenig abseits des großen Stromes der Zeit?! Ihre Bewohner bleiben verschont von manchem modernen Gedöns, sind froh und glücklich mit ihrem Leben. Was sie aber nicht mögen ist, wenn man sie belächelt und als verschrobene Hinterwäldler bezeichnet. Das sind sie ja nun wirklich nicht. Ein wenig abseits vom Zeitgeschehen, aber nicht uninformiert. Darauf legt man hier, in der kleinen Straße, großen Wert!
Gelesen? Die katholische Kirche stellt das Zölibat von Priestern zur Diskussion!
Ja, wurde mal Zeit! So geht es nicht weiter. Die ganzen Missbrauchsfälle und -diskussionen der letzten Jahre. Furchtbar! Man kann es nicht mehr hören …
Meinst Du, dass man jene mit einer Erlaubnis zur Eheschließung beenden oder zumindest verringern kann?! Ich bin mir da nicht so sicher.
Hundertprozentig ausschließen kannst Du damit derartige Fälle nicht. Aber ich denke schon, dass man der sexuellen Unterforderung der Geistlichen damit hinreichend begegnen kann.
Unter- oder Überforderung, das ist hier die Frage!
Du weißt, wie ich es meine. Aber das ist meines Erachtens auch nicht der Hauptgrund. Manch einer schreckt vor dem Priesteramt zurück, gerade wegen der Zölibatsklausel. Geweihte Priester werden in einen Gewissenskonflikt gestürzt, wenn sie sich mit dem Gedanken tragen, zu heiraten. Austritt aus dem Amt, weltliches Leben oder Priester und im Amt bleiben, dann aber ohne Familie.
Ja und?! Das weiß jeder vorher, was im Fall der Fälle, einer Weihe zum Priester, auf ihn zukommt.
Sei doch nicht so schwer von Begriff! Glaubst Du wirklich, dass die katholische Kirche so altruistisch gegenüber ihren Schäfchen ist? Der läuft die Herde in Scharen weg, es besteht Knappheit an Bewerbern für das Priesteramt. Kein moderner Mann hat heute noch großartig Bock darauf, ein solches zölibatäres Leben zu führen. Das sind Sachzwänge, die diese Diskussion schüren.
So hab ich das noch gar nicht gesehen. „Moderner Mann“, ja. Damit hängt wohl auch die Frage zusammen: Frauen ins Priesteramt: Ja oder nein?
Ja, wenn da auch andere Gründe mitspielen. Alles in allem war das Pontifikat Benedikts XVI. ein Verharren in althergebrachten Positionen, wenn nicht sogar ein Rückschritt gegenüber der Zeit Johannes Pauls II.. Die katholische Kirche befindet sich derzeit, bezüglich deren Fortschritt, noch teilweise am Beginn der Neuzeit. Soweit ich informiert bin, sind wir in der Postmoderne angekommen. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten frappierend geändert.
Emanzipation und Gleichberechtigung haben die Gesellschaft buchstäblich auf den Kopf gestellt. Wie viele Präsidentinnen, Kanzlerinnen, oder wie man sonst die Staatschefs so nennt, stehen mittlerweile führenden Nationen vor? Auf Staatsebene nehmen das alle für selbstverständlich hin, niemand meckert. Frauen drängen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens an die Spitze. In Ländern und Kulturen, in welchen sich die bestimmende Rolle der Frau noch auf das Privatleben beschränkt, bricht die matriarchale Struktur von innen nach außen in die Öffentlichkeit. Einzig und allein die katholische Kirche verschließt vor dieser Entwicklung die Augen. Dabei wäre die Ernennung von Priesterinnen ein deutliches Signal der katholischen Kirche an die Welt der Gläubigen.
Ok., ok., brems mal wieder! Da ist etwas dran.
Etwas? Da ist sehr viel dran! Du kannst doch die Liste beliebig verlängern. Das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes zählt auch dazu. Sagt einer von denen irgendwann etwas, dann ist das so. Ist die Frauenordination ausgeschlossen, dann ist das so. Dann scheut man die Kritik an diesem Dogma wie der Teufel das Weihwasser. Hör Dir doch das Gewäsch an, von wegen es gäbe viele verantwortungsvolle Positionen unterhalb des Priesteramtes, welche Frauen besetzen könnten …
Das hängt alles mit dem ersten Vatikanischen Konzil von 1869/1870 zusammen, bei welchem auch die Unfehlbarkeit des Papstes in die Welt gesetzt wurde. Davor hatten auch Zölibat und das Verbot der Priesterweihe für Frauen nicht die heutige Bedeutung. Kurz gesagt: mit diesem Konzil hat sich die katholische Kirche mehr als nur ein paar Meter rückwärts bewegt.
Auf die Bibel kannst Du das Verbot des Priesteramtes für Frauen nicht zurückführen. Schon im Alten Testament wird dies deutlich: Laut dem ersten Buch Mose gab es, als Gott den Menschen schuf, keine Unterschiede zwischen Mann und Frau. Sie waren gleichberechtigte Partner und bildeten zusammen das Menschengeschlecht. Dann kam der Sündenfall. Das über Eva laut Genesis gesprochene Urteil ist falsch übersetzt worden. Im Hebräischen fehlt nämlich das Wort „soll“. Im Urtext heißt es: „Zum Mann Dein Wenden, und er „wird“ herrschen über Dir.“ Gott gibt hier also keinen Befehl für die Herrschaft des Mannes, sondern macht nur eine Prophezeiung, welche denklogisch umkehrbar oder aufhebbar ist.
Ja, und Jesus umgab sich laut Neuem Testament auch mit Frauen, nicht zuletzt Maria Magdalena.
Bliebe nur noch Paulus …
Da gibt es eine Stelle im ersten Korintherbrief. Hierin geht es um eine Gemeindeversammlung in Korinth. Paulus fordert die Frauen in dieser Versammlung auf, zu schweigen. Ich bin kein Experte, aber ob Paulus hier einen theologischen Grundsatz zum Priesteramt für Frauen prägen wollte, da habe ich meine Zweifel. Ich denke, das war damals einfach eine Frage der kulturellen Ordnung. Auch waren Frauen, historisch betrachtet, damals ungebildeter als Männer. Paulus erwähnt ja auch in diesem Zusammenhang, dass Frauen, wollten sie etwas wissen, ihre Männer zu Hause fragen sollten.
Aus diesen Gründen würde er vielleicht heute die Problematik genau anders herum sehen, oder?!Darauf läuft es hinaus. Aber wir beide werden das Problem nicht heute und nicht morgen lösen …
Wie war denn eigentlich die Hopfenernte in diesem Jahr?
Themawechsel, was?! Schon gut! Komm rein …
© Thomas Dietsch