Ab und zu sticht mich der Hafer, dann muss ich ein wenig provozieren. Als ich neulich das Buch „Isch geh Schulhof“ von Philipp Möller las, kam mir sogleich der Gedanke: „Oh mein Gott! Wo führt das hin …?!“. Präpositionen und Artikel liegen im Sterben. Wir degenerieren! Von der Satzmelodik stellt man sich zwei Höhlenmenschen vor, die in der dritten Generation nach Erlernen der Sprache miteinander kommunizieren. Furchtbar, oder?! Aber ist das wirklich so? Oder sind wir nicht im Althergebrachten, dem Gewohnten gefangen?! Nach dem Motto: „Wo kommen wir denn da hin, wenn sich etwas ändert?!“. Nun, liebe Leute: Das Leben ist Veränderung. Und noch eines: der Mensch neigt zur Vereinfachung. Beispiel: In diepresse.com vom 04.11.2008 stand, dass eine mittlerweile 30-jährige Texanerin einen Namen trägt mit 57 Buchstaben: „Rhoshandiatellyneshiaunneveshenk Koyaanisquatsiuth Williams“. Was der Name auch immer bedeuten mag, sei dahingestellt. Man stelle sich aber die Situation vor: das Mädchen ist im Kindesalter draußen mit Freundinnen beim Spielen. Es gibt Essen. Ob Mama wohl die volle Buchstabenreihenfolge aus dem Küchenfenster gerufen hat, um zum Mittagstisch zu läuten? Wohl kaum! Man kürzt ab, gibt Kosenamen.

Die deutsche Sprache ist kompliziert, das wird niemand ernstlich bezweifeln. Auch hier siegt die Faulheit, man vereinfacht. In der Jugendsprache ist das gang und gäbe. Ein Ammenmärchen ist, dass dieser Trend gespeist sei von türkischen oder arabischen Mitschülern. In diesen beiden Sprachen, so habe ich mir sagen lassen, lasse man zwar die Artikel weg. Das sei in diesen Sprachen so. Man denkt sich quasi die fehlenden Satzbestandteile dazu beim Sprechen, Lesen und Schreiben. Einfacher Schluss: dann kommt das daher! Stimmt nicht! Bei wissenschaftlichen Untersuchungen in Gegenden, in welchen nur wenig Mitbürger mit Migrationshintergrund leben, ist dieser Trend nämlich auch zu beobachten.

Ebenfalls wissenschaftlich erwiesen ist, dass ausländische Jugendliche deutsche Begriffe und Wörter in ihre Muttersprache aufnehmen. Der Trend läuft somit auch umgekehrt.

Man spricht unter anderem im Deutschen altersunabhängig ja auch von Anglizismen und Gallizismen.

Dazu kommt noch, dass wunderliche Satzkonstruktionen schon immer zu beobachten waren in den verschiedensten Regionen: „Komm mal bei dem Haus, dat fängt am Reschnen an!“ oder „Tu ma die Mama winken!“. Wer kennt das nicht?! Alles andere als neue Entwicklungen … Den Hang zur Sprachvereinfachung gibt es schon seit langem, vor achtzig Jahren hat man sich hierüber auch schon empört.

Sehen wir es doch einmal anders herum: Ist es nicht ein Zeichen von Intelligenz, schwierigste Dinge einfach auszudrücken beziehungsweise zu erklären?! Besteht richtiges Zuhören bei der Kommunikation nicht auch im Mitdenken?! Wenn wir uns weigern, Artikel oder Präpositionen hinzuzudenken, was wird dann erst, wenn es um den tieferen Sinn der Erzählung des oder der Anderen geht?! Schlummert der Like-Button etwa schon seit Jahrzehnten in uns und die sozialen Netzwerke haben ihn nur sichtbar gemacht?! Leute, ehrlich: Wir sind zu mehr in der Lage als „Boah, gefällt mir!“. „Warum?“. „Weiß ich nicht …“.

Doch, das sind wir!

Kiezdeutsch rockt, ischwör!“ sagt die Sprachforscherin Heike Wiese. Es sei genauso ein Dialekt wie Bayerisch und Schwäbisch. So gesehen ein sprachliche Bereicherung, oder?!

In sozialen Netzwerken baut man an dieser Stelle einen Smiley ein. In diesem Sinne …

© Thomas Dietsch

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