Nicht lange her, da hörte ich im Radio, es solle jemand die These aufgestellt haben, „Wandel durch Handel sei die größte Dummheit seit dem Sozialismus“. Wer auch immer das gesagt hat, das Fundament der Behauptung bleibt zu prüfen. Das Narrativ des Sozialismus ging im letzten Jahrhundert schon schief, bedarf hier keiner weiteren Untersuchung. Wandel durch Handel … was Russland angeht, ging auch diese Erzählung in unserer Zeit schief. Liegt das an dem Konstrukt der Idee Wandel durch Handel? Ich meine: nicht unbedingt! Das Vertrauen in die transformierende Kraft der Ökonomie speist sich aus verschiedenen Quellen. Eine Sicht lautet, dass der globale Handel ein Wohlstandsmotor sei und niemand gemeinsame Gewinne aufs Spiel setze. In einer globalisierten Welt sollten Staaten also aus Eigeninteresse immer enger zusammenarbeiten. Internationale Institutionen bieten dafür den stabilen Rahmen. Eine andere Lesart betont den Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem und politischem Liberalismus. Kurz: Wo die ökonomische Freiheit Wurzeln schlägt, trägt die politische Freiheit Früchte. Selbst Diktaturen geraten durch die Spielregeln der Weltwirtschaft unter Anpassungsdruck, weil auch sie geistiges Eigentum schützen und Eigentumsrechte wahren müssen. Gleichzeitig fördern Unternehmertum und Wohlstand eine selbstbewusste Mittelklasse, die politische Teilhabe und Rechte einfordern dürfte.Es gibt zahlreiche Varianten der Denkfigur des Wandels durch Handel, etwa Wandel durch Verflechtung oder Modernisierungspartnerschaft. Sie alle gehen auf eine Formel Egon Bahrs zurück, mit der dieser 1963 bei einer Tutzinger Rede das Konzept der Neuen Ostpolitik eingeführt hatte: Wandel durch Annäherung. Wie am Anfang des dritten Absatzes festgestellt, basiert Handel auf Vertrauen. Herr P. im Lande R. hat es, auf deutsch gesagt, versaut. Herr P. und seine Mannen
lügen, wenn sie den Mund öffnen. Ich habe in den Monaten vor dem 24. Februar gut 40-50mal gelesen und gehört, es habe (nie) eine Absicht bestanden, in die Ukraine einzumarschieren. Was das Budapester Abkommen angeht, nimmt P. den Vorteil, nunmehr im Besitz der dortigen Atomwaffen der Sowjetunion zu sein, gerne an. Die Verpflichtung, unter anderem von Russland, den Bestand des ukrainischen Staates zu schützen gegen Aggression von außen, ja, das hat man „vergessen“ …
Energielieferverträge abzuschließen – Zahlung des Öls oder Gases in US-Dollar oder Euro – und dann den Hahn zuzudrehen, ist schlichtweg Vertragsbruch. An eine per Dekret (wes Geistes Kind ist P.?) verordnete Zahlung in Rubel ist für uns selbstverständlich nicht binde nd.Wandel durch Handel: Unser ehemaliger Partner lügt und betrügt! Es wird wahrscheinlich für gut zwanzig Jahre keinen Handel mit Russland geben; das Vertrauen ist weg! In der zivilisierten Welt werden täglich durch Kooperation Win-Win-Situationen geschaffen, gerade durch Handel. Ein Aggressor passt nicht ins Konzept. Daran ändert auch das Geschwafel nichts, „der Westen hätte doch …“.
Es lag nicht am Westen, Wandel durch Handel hat seinerzeit unter den Erzfeinden Frankreich und Deutschland mit Gründung der Europäischen Gemeinschaften auch funktioniert. Der Störenfried sitzt ostwärts …