„Am Sonntagabend gab es noch Hoffnung“, schreibt zeit.de nach der Wahl.
Nach den ersten Nachwahlbefragungen in Polen wurde dem amtierenden Präsidenten Andrzej Duda, der von der regierenden PiS-Partei unterstützt wird, nur eine sehr knappe Führung gegenüber dem oppositionellen Kandidaten Rafał Trzaskowski zugesprochen, der Vorsprung lag bei etwa 0,8 Prozentpunkten.
Am Montagmorgen war es dann vorbei. Duda hat mit größerem Vorsprung die Präsidentenwahl gewonnen, als es die Umfragen am Tag zuvor annehmen ließen. Und das trotz großer Mobilisierung oppositioneller Wähler und einer der höchsten Wahlbeteiligungen in Polens Geschichte seit 1989 – knapp 70 Prozent.
Große Enttäuschung!
Polen ist in zwei Lager gespalten. Der Westen wählt eher demokratische und proeuropäische Politiker, der konservative Osten hingegen neigt den Rechten zu, die Skepsis gegenüber der Weltoffenheit Europas schüren. Keine gute Wahl für Europa.
Duda hat viele Gesetze abgesegnet, die ihm die populistisch-nationalistische PiS vorgelegt hat und mit der die „konservative Revolution“ des Landes vorangetrieben werden soll. Er und die PiS, als deren „Kugelschreiber“ (n-tv.de) ihn Kritiker bezeichnen, werden in den kommenden fünf Jahren weiter daran arbeiten, die Justiz unter Kontrolle zu bringen und die Gewaltenteilung zumindest in Teilen aufzulösen. Schwere Konflikte mit den europäischen Partnern sind vorprogrammiert.
Mit einem Mann wie Duda lässt sich kein gemeinsames Europa gestalten, das sich auf die Werte Freiheit, Gleichheit und Solidarität und vor allem auf die Menschenrechte gründet. Schließlich hat dieser Duda noch im Wahlkampf Homosexuellen ihr Menschsein abgesprochen (fr.de). Das war unter aller Würde. Für solche Ausfälle hat er sich in der Wahlnacht entschuldigt, aber das kann bestenfalls ein Anfang gewesen sein.
Duda hat in seiner zweiten und letzten Amtszeit nichts mehr zu verlieren.
Er hat wieder gewonnen, wenn auch nur knapp mit 51 Prozent und zwei Prozentpunkten Vorsprung vor dem liberal-konservativen Rafał Trzaskowski. Für das Lager der Opposition heißt das: „Wir gehen jetzt denselben Weg wie Ungarn oder sogar Weißrussland“. In weniger als einem Jahr werde die unabhängige Presse zerstört sein, viele Oppositionelle haben bereits angekündigt, sie wollten das Land verlassen. Die Hoffnung liegt in der EU.
Eine Mehrheit der Polen sagte erneut nicht Nein zum Demokratieabbau. Die Unterordnung der Justiz ist inzwischen weit gediehen. Fragwürdige Disziplinargerichte entziehen Richtern die Existenzgrundlage, die nicht nach dem Geschmack der Partei urteilen. Im Parlament werden Rederechte Oppositioneller auf absurde Kurzbotschaften gekürzt. Verfahrens- und Verfassungsregeln werden missachtet, schwerwiegende Änderungen etwa des Strafrechts auf dem Verordnungsweg angeordnet. Das umbesetzte Verfassungsgericht wird wohl nicht mehr ernsthaft von Menschen angerufen, die der PiS fernstehen.
Warschau hat die Sozialpolitik grundlegend verbessert, aber mit seinen Gesetzen zur Justizreform zugleich ungeniert die Unabhängigkeit der Gerichte angegriffen und damit eine Säule der Demokratie angetastet. Seit Jahren liegt es deshalb im Dauerstreit mit der Europäischen Union, für viele Polen ein Zeichen, dass es so nicht weitergehen kann.
Europa selbst kann nicht viel tun. Druck von außen ist eher kontraproduktiv: Polen reagiert aus verständlichen historischen Gründen hypersensibel darauf. Dennoch sollte sich der Rest der EU nun allmählich fragen, ob man wirklich eine Rechtsgemeinschaft mit einem Land pflegen kann, in dem solche Dinge geschehen. Zur Abwägung gehört auch der Umstand, dass EU-Institutionen in vielen Einzelfragen der letzte Halt waren für den liberalen, der Rechtsstaatlichkeit zugewandten Teil des Landes.