Verfassungsschützer haben dieser Tage viel zu tun. Die Rede ist von einem „erhöhten Grundrauschen“ (faz.net) im Netz. Hier haben Rechts- und Linksextremisten Hass, Hetze und Verschwörungstheorien auch schon vor Corona-Zeiten verbreitet. Doch es sei mehr geworden, heißt es in Sicherheitskreisen. Viele Extremisten können nicht zur Arbeit gehen und haben mehr Zeit, um ihre kruden Gedanken zu verbreiten, die wiederum von mehr Menschen gelesen und geteilt werden, die auch zu Hause sitzen.
Hinzu kommt, dass das Virus sich eignet, den eigenen ideologischen Narrativen neues Futter zu geben. In der rechtsextremen Szene wird die Pandemie zum Anlass genommen, das Vertrauen in die Bundesregierung zu untergraben. So wird behauptet, die Politiker hätten die Gefährlichkeit des Virus unterschätzt und die Bevölkerung nicht ausreichend geschützt.
Die Extremen sehen eine Zeitenwende und das Ende des Finanzmarktkapitalismus heraufziehen, der die herrschenden Eliten mit Panik begegneten. Das Virus überlagere diese Situation nur. Nun sei die „kritische Intelligenzija“ aufgerufen, „liberale Freiheitsrechte, Wissenschaftlichkeit, Unschuldsvermutung, vollständige Veröffentlichungsfreiheit und soziale Errungenschaften gegen Schlechteres zu verteidigen“ (tagesschau.de).
Die Extremen, sie gehen auf die Straße. Deutschland, Europa und die Welt sollten versklavt werden, sagte man zuweilen. Von „Neuer Weltordnung“ war die Rede und in Reichsbürgermanier von der Bundesrepublik als besetztem Land. In Zeiten einer Pandemie, in welcher quasi die ganze Welt gebeutelt danieder liegt, ein Aufruf an das typische Klientel. Die Gelegenheit, generelles Dagegensein, gegen den Staat zu demonstrieren, nutzen viele Vertreter, die sich einem alternativem Spektrum bis weit nach rechts zuordnen.
Reichsbürger und Co. sprechen von einer linken Republik, in der sie diejenigen seien, die wahre Unterdrückung erfahren. Sie inszenieren sich als die aller Rechte Beraubten, als der Widerstand und als die Wissenden. Keine neue Rolle für rechte und rechtslastige Verschwörungsideologen ...
Auf der Straße demonstrieren sie gegen ein Virus, gegen die Natur. Das ist kindlich, um nicht zu sagen kindisch. Obwohl, wenn wir alle zusammen aufstehen und die Regierung stürzen, vielleicht wird Corona davon verschwinden?! Ich will mir das schöne Gefühl bewahren und lese lieber nicht so genau, was so auf den Transparenten steht.
Das alles fällt irgendwie noch unter die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Bei letzterer bitte Masken und Sicherheitsabstand beachten!
Was mir Sorge bereitet ist die Frage, wer diese Menschen auf die Straße schickt. Wer steckt dahinter? Es ist nicht der Staat Bundesrepublik, gegen den und dessen Organe richten sich die Demos. Nein, es sind Kreise, die sich mit Gleichschaltung, Gehirnwäsche auskennen. Diese Leute wissen, wie man Menschen dazu bringt, das Gehirn abzuschalten und – Transparente haltend – in der Masse voranzuschreiten. Hier liegt die Gefahr für unser Gut, die Demokratie! Nicht denken heißt gut lenken …
„Wir sind das Volk!“, der Slogan wird neu aufpoliert. „Die Gedanken sind frei“, macht sich die Masse überhaupt noch Gedanken oder sind das alles nur Allgemeinplätzchen. Sie klingen gut, sind aber in diesem Zusammenhang völlig sinnentleert.
„Kein Corona mehr, ich will den Klimawandel zurück!“, möchte man laut rufen. Die Einschränkungen nerven uns alle; demokratisch erzogene Bürger/-innen sind Freiheitsrechte gewohnt, werden sie eingeschränkt, tut das weh.
Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch den Kontrollverlust und die Angst bei den Entscheidern, dass sie keine Fehler machen wollen, und insofern sind die staatlichen Maßnahmen alternativlos. Was natürlich Quatsch ist. Gerade in der demokratischen Form der Politik muss es die Alternative geben, davon lebt die Demokratie.
Aber im Fall von Corona sind die Maßnahmen durchaus angebracht. Wer meckert, möge effektive Alternativen nennen.