Der Führerschein hat Geburtstag. Ich bin – wie so viele andere – auch dabei. Der Lappen ist weg, „Hallo Karte!“. Die Lizenz zum Fahren ist nicht mehr grau oder rosa, es ist eine Card. Schwer, sich dran zu gewöhnen, aber: „ O tempora, o mores!“. Vor 120 Jahren führte Preußen als erstes deutsches Land eine „Prüfungspflicht für Wagenlenker“ ein. Damit ist die Führerschein-Pflicht 120 Jahre alt. Seitdem werden die Führerscheine immer wieder den politischen Umständen angepasst. Momentan werden EU-weit einheitliche Führerscheine ausgegeben. Trotzdem haben viele noch den grauen oder rosa Führerschein, auch den aus der DDR. Die Umtauschpflicht
läuft …
Die Geschichte des Führerscheins beginnt kurz nach der des Automobils. In den frühesten Jahren brauchte es zum Führen eines Motorwagens keine Prüfung oder Tests. Die ersten Dokumente zur Berechtigung zum Fahren wurden von den Herstellern selbst verliehen. Dafür mussten die Fahrwilligen nur nachweisen, dass sie die grundlegenden physikalischen Zusammenhänge kannten und ihre Technik beherrschten. Am 29. September 1903 führte Preußen als erstes deutsches Land eine Prüfungspflicht für Wagenlenker ein – zwei Jahre nach Österreich. Auch hier wurden von der prüfenden Behörde, dem Dampfkessel-Revisions-Verein technisch-praktische Kenntnisse geprüft. Verkehrsregeln spielten keine Rolle. Daraufhin wurden auch in anderen deutschen Ländern Berechtigungen mit Bezeichnungen wie Lenker-Ausweis, Velociped-Fahrkarte oder Motorwagen-Erlaubnis-Schein eingeführt. Diese
waren jedoch nur für das jeweilige Landesgebiet gültig, was bei Grenzüberschreitungen häufig zu Problemen führte.
Weil die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fahrern wuchs, eröffnete Rudolf Kempf im November 1904 in Aschaffenburg die erste Fahrschule (SPON, 31.07.2008). Die Königlich-Sächsische Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 10. September 1906 schrieb vor, dass Autofahrer mit einem Zeugnis nachzuweisen hatten, ob sie „mit den Einrichtung und der Bedienung des Fahrzeugs völlig vertraut sind“. Dieses konnte durch „eine sachverständige Behörde oder eine behördlich anerkannte Stelle“ ausgestellt werden (mdr.de, 29.09.2023). Die Fahrer mussten den Schein jederzeit mit sich führen und auf Verlangen vorzeigen. Das Reichsgesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 vereinheitlichte die von Land zu Land unterschiedlichen Gesetze im Deutschen Reich. Hier wurden auch erstmals allgemeingültig Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsgrenzen definiert. Darüber hinaus löste es die bisher geltende Ausweispflicht ab und legte die Fahrerlaubnisklassen fest. Den Führerschein bekam, wer „seine Befähigung durch eine Prüfung dargetan hat und nicht Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist“. Der erste Führerschein für eine Frau wurde 1909 in Leipzig auf die Gohliserin Amalie Hoeppner ausgestellt. Mit Genehmigung ihres Ehemannes, denn so wollte es dasGesetz.