Die Inflation: im Mai 7,9%, im Juni 7,6% und im Juli wahrscheinlich 7,5%. Sie sinkt, ist aber bei weitem noch viel zu hoch. Die Wirtschaftspäpste vertreten 2 – 2,5%. Das soll gut sein, mehr nicht! Und da sind wir drüber, massig! Ob Energie, Mieten oder Lebensmittel: Die Preise in Deutschland kennen zurzeit nur eine Richtung: Nach oben! Die Angst vor einer großen Lohn-Preis-Spirale geht um. Gegen die Inflation in der Eurozone hat die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, etwas getan und im Juli eine Zinswende durchgesetzt. Die Leitzinsen wurden um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Einerseits ist die Zinserhöhung überfällig, so die Finanzexperten, doch sie birgt auch Risiken für die Wirtschaft der Eurozone: Steigende Zinsen erhöhen die Gefahr von Pleiten, sowohl von Unternehmen wie von Privatleuten.
Wo bleibt unser Wohlstand? Damit die Wohlstandsmaschine weiterlaufen kann, Unternehmen weitere, neue Dinge
produzieren können, brauchen sie Menschen, die sie ihnen abkaufen. In diesem Sinne bekam die große Maschine Ende der 1980-er Jahre neuen, ungeahnten Schwung. Nach dem Mauerfall breitete sich der Kapitalismus rund um die Welt aus, bis in den letzten Winkel Osteuropas, Asiens, Afrikas, und überall fand er: neue Märkte. Er kam zu den Ukrainern und Rumänen, Indern und Chinesen, Vietnamesen und Kambodschanern. Jetzt: Inflation im Westen, Null-Covid-Strategie in China und über allem der Krieg in der Ukraine: Die Weltwirtschaft befindet sich einer neuen Prognose des Internationalen Währungsfonds zufolge auf dem Weg in die Rezession. Ökonomen aus Washington (sueddeutsche.de, 26.07.2022) gehen für dieses Jahr nur noch von einem weltweiten Wachstum von 3,2 Prozent aus. Das sind 0,4 Punkte weniger als sie bei ihrer letzten Vorhersage im April als Zielmarke ausgegeben hatten. Für
kommendes Jahr gehen sie noch von 2,9 Prozent Wachstum aus, ein Minus von 0,7 Punkten. Das ist happig!
Und es dürfte klar sein: Nicht nur die 30 glorreichen Jahre der Globalisierung sind vorbei, sondern auch die fetten Zeiten eines Wohlstands für viele, der bei Weitem nie einer für alle war. Noch lässt sich die Erkenntnis nicht am Zustand der Warenwelt ablesen: Ehe Ressourcen-Knappheit im Zusammenspiel mit ausufernden Preisen deutlichere Konsum- und Wohlstands-Bremsspuren hinterlassen, leben manche in der Illusion eines nicht enden wollenden Mega-Zeitalters weiter: Viele Produkte sind immer größer geworden, ja wurden aufgeblasen, als ob es Ressourcen ohne Ende gäbe und der Klimawandel nicht längst zur Überlebensfrage der Menschheit geworden ist.
Verzicht würde „auf individueller Ebene“ zwar funktionieren, nicht jedoch „systematisch“. Wir leben in einer „Bedarfsweckungsgesellschaft“, nicht in einer Bedarfsdeckungsgesellschaft (Richard David Precht, zdf.de, 13.07.2022). Heute leben wir in einer Welt, in der das Wichtigste Sinn, Lust ist und in der die wichtigsten Wohlstandswerte Zeit und Raum sind und nicht notwendigerweise Gegenstände. Niemand muss jetzt am Kapitalismus zweifeln. In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends hatten es die deutschen Unternehmen nicht leicht. Die Lohnkosten waren hoch, die Konkurrenz auf den Weltmärkten war groß, die deutsche Wirtschaft galt als überreguliert. Gut möglich also, dass es sich hier nicht um ein Problem des Kapitalismus handelt, sondern um ein Problem der Deutschen (wiwo.de). Schließlich gibt es die kapitalistische Maschine in verschiedenen Ausführungen, nicht nur in der deutschen, sondern auch in der französischen, der amerikanischen, der japanischen.